Grüne mobilisieren gegen US-Abkommen

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LUNACEK(c) APA/HELMUT FOHRINGER (HELMUT FOHRINGER)
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Die Spitzenkandidatin bei der Europawahl, Ulrike Lunacek, macht den Freihandelsvertrag mit den USA zu ihrem wichtigsten Wahlkampfthema. Sie hofft, dass die Grünen diesmal drei Mandate erringen.

Brüssel. Die Grünen gehen nach der bereits geäußerten Kritik am Freihandelsabkommen EU/USA nun gänzlich dazu auf Distanz. EU-Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek stellt im Gespräch mit der „Presse“ die Sinnhaftigkeit des Abkommens infrage. „Die Zölle zwischen den USA und der EU liegen im Schnitt nur noch bei drei Prozent. Dann verstehe ich nicht, warum es dieses Abkommen wirklich braucht.“ Vielleicht würden dadurch Arbeitsplätze geschaffen, doch niemand rechne gegen, wie viele dadurch verloren gingen. Lunacek: „Das Abkommen ist einfach nicht notwendig.“

Die Europaabgeordnete warnt vor der Aushöhlung der hohen europäischen Umwelt- und Lebensmittelstandards. „Das Vertrauen fehlt mir, dass die Standards erhalten bleiben.“ Lunacek glaubt den Versicherungen der EU-Kommission nicht, dass es keine Aufweichung geben werde. Zu viele europäische Unternehmen hätten nämlich selbst Interesse daran, dass es im Rahmen dieser Verhandlungen zu einer Aufweichung von Standards komme, argumentiert sie.

„Massiver Widerstand“

Lunacek kritisiert insbesondere den geplanten Regulativen Kooperationsrat, ein Gremium aus Vertretern der USA und der EU, das vorab prüfen soll, ob geplante Gesetzesänderungen dem Handelsabkommen widersprechen. „Dabei ist geplant, dass Unternehmen noch vor der Entstehung eines neuen Gesetzes eingebunden werden sollen, um zu sagen, was ihnen gefällt und was nicht“, so Lunacek. Das sei eine „Verhöhnung der Demokratie“. Damit würden sowohl das Europaparlament als auch die Nationalen Parlamente vorab bereits umgangen. „Dafür gibt es von uns massiven Widerstand.“

Das Europaparlament hat seit dem Lissabon-Vertrag das Recht, über internationale Verträge abzustimmen. Die Grünen werden, so kündigt Lunacek an, unter diesen Voraussetzungen dem Abkommen nicht zustimmen. „Wir haben bereits nach dem aufgedeckten NSA-Skandal einen Abbruch der Verhandlungen gefordert. Damit haben wir uns nicht durchgesetzt.“ Mit dem Widerstand gegen das Freihandelsabkommen mit den USA wollen sich die Grünen auch von den Neos absetzen, die in einem ähnlichen Segment nach Wählern fischen und sich deutlich für das Abkommen ausgesprochen haben. In Umfragen liegen die Grünen laut einer Prognose von Pollwatch bei zwölf Prozent. Die Neos liegen gleichauf. Lunacek sieht die Chance, diesmal ein drittes Mandat zu erringen. „Wir haben zugelegt.“ Für das dritte Mandat wären 13 bis 14Prozent nötig.

Neben dem Widerstand gegen das Freihandelsabkommen fordern die Grünen ebenso wie Neos und ÖVP-Spitzenkandidat Othmar Karas einen baldigen Konvent zur Weiterentwicklung und Reform der Europäischen Union. Für Lunacek kann dies zu einer noch engeren Zusammenarbeit in Europa führen. „Mein Traum ist so etwas wie die Vereinigten Staaten von Europa.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.04.2014)

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