Niederlande: Brüssel macht Aasgeier heimatlos

(c) EPA (Axel Halley)
  • Drucken

Eine EU-Hygieneverordnung soll die hungrigen Vögel bis Nordeuropa treiben.

Den Haag. Ruud van Beusekom ist außer sich vor Freude. Er blickt immer wieder zum Himmel. „So etwas habe ich hier noch nie gesehen.“ Über ihm, am strahlend blauen Horizont bei Den Haag, sind gerade etwa 40 Aasgeier vorbei geflogen.

Die Riesenvögel mit einer Spannweite von bis zu 2,70 Meter sind ein Naturschauspiel, das es normalerweise in den Niederlanden nicht zu sehen gibt. Denn Aasgeier leben vorzugsweise rund ums Mittelmeer, in Vorderasien und in afrikanischen Ländern. Doch das hat sich jetzt geändert: Schätzungsweise hundert Aasgeier sind derzeit in Belgien und in den Niederlanden auf der Suche nach Nahrung.

Schuld an dieser Migration ist die Europäische Union, meint der Vogelschützer van Beusekom. Die Tiere kämen wahrscheinlich aus Spanien. „Geier sind eigentlich keine Zugvögel. Sie leben in bestimmten Gebieten, wo sie auch bleiben. Dass sie jetzt hier sind, ist die Folge einer neuen EU-Verordnung, meint van Beusekom.

Denn die spanischen Bauern setzen jetzt EU-Vorschriften um, wonach beispielsweise tote Schafe nicht mehr auf dem Weideland zurückgelassen werden dürfen. Das hat die EU aus hygienischen Gründen verboten. Tierkadaver müssen nun entsorgt werden – unter anderem deshalb, um die mögliche Verbreitung des Rinderwahnsinns BSE zu verhindern.

Bisher sei es in Spanien jedoch üblich gewesen, die Kadaver toter Schafe einfach liegen zu lassen. Sie waren das Futter für die Aasgeier. Aus Mangel an Essbarem seien die Geier nun anderswo auf der Suche nach Nahrung – behaupten zumindest die niederländischen Vogelschützer.

Hungertod droht

Fraglich ist allerdings, ob die Riesenvögel auf ihrem Trip nach Norden mehr Erfolg haben werden. Möglicherweise müssen sie nämlich den Hungertod sterben, weil sie auch in den nördlichen Breiten kein Aas finden können. Denn das gibt es auf den Wiesen und Weiden in den Niederlanden und in Belgien nicht.

Die 200 Kilogramm Schweinefleisch, die flämische Vogelschützer als Snack auf einigen Wiesen ausgelegt haben, fanden jedenfalls keinen Anklang. Das Fleisch kam als Beute nicht in Frage: Es war nämlich kein Aas, roch nicht genug nach Verwesung und war einfach zu frisch für den Geschmack der Aasgeier.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2007)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.