Schengen: Positive Bilanz nach Grenzöffnung

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Illegale und Kriminalität. Trotz Wegfalls der Grenzkontrollen sinkt die Zahl der Delikte insgesamt leicht. Die Ausgleichsmaßnahmen im Inland und die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit greifen.

WIEN/BRÜSSEL. Die Erweiterung des Schengen-Raums am 21. Dezember 2007 hat Österreich etwas sicherer gemacht. Die Grenzkontrollen in den Osten sind zwar gefallen, die Zahl der Schlepper und der geschleppten Personen hat aber auffallend abgenommen. Bei den Schleppern gab es im Jänner und Februar 2008 gegenüber dem Vergleichszeitraum 2007 sogar ein Minus von mehr als der Hälfte: von 140 auf 67 Personen. Die Zahl der Geschleppten sank immerhin von 1848 auf 1413. Nur die Zahl der sonstigen illegal eingereisten Personen in Österreich hat zugenommen, und zwar deutlich um fast 60 Prozent von 625 auf 994. Die Polizei begründet dies mit verstärkten Aufgriffen auf Bahnhöfen. Dort hat es bisher nicht so intensive Kontrollen gegeben.
Die Gesamtbilanz der von der Polizei aufgegriffenen illegalen Personen zeigt in den ersten hundert Tagen der Grenzöffnung also ein positives Bild: Ihre Zahl ist von 2613 im Jänner und Februar des Vorjahres auf 2474 im gleichen Zeitraum 2008 gesunken. Das zeigt eine Statistik des Bundeskriminalamtes. Die Ängste, die es vor der Schengen-Erweiterung gab, so Innenminister Günther Platter, hätten sich also nicht bewahrheitet.

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Laut seinem Ministerium haben sich die wegen der Schengen-Erweiterung eingeführten Ausgleichsmaßnahmen der Polizei, etwa die "Schleierfahndung" in den grenznahen Gebieten, bezahlt gemacht: Durch sie gerieten im Jänner und Februar dieses Jahres insgesamt 390 Schlepper, Geschleppte und sonstige illegal Eingereiste in die Hände der Polizei. Zusammen mit den 120 Aufgegriffenen bei der Ein- oder Ausreise macht das 510 Personen. Der Wegfall der Grenzkontrollen konnte also kompensiert werden. Im Vorjahr gab es nur 324 Aufgegriffene direkt an der Grenze.

An den Landesgrenzen darf die Polizei aufgrund der Schengen-Erweiterung nicht mehr kontrollieren, dies soll dem freien Personenverkehr in Europa dienen. Seit vergangenem Sonntag gilt die freie Ein- und Ausreise auch an Flughäfen. Österreich ist seit zehn Jahren aktives Mitglied von Schengen, seit 21. Dezember sind es auch Tschechien, Slowakei, Ungarn und Slowenien.
"Schengen bringt mehr Sicherheit", betont auch Rudolf Gollia, Sprecher von Innenminister Platter, im Gespräch mit der "Presse". Die Rückgänge seien darauf zurückzuführen, dass die Zusammenarbeit zwischen den Schengen-Ländern bei der Fahndung immer besser funktioniere, vor allem dank des EDV-Systems "SIS" (Schengen-Informationssystem). "Wir tauschen unser Know-how zum Beispiel mit der Slowakei, Ungarn und Slowenien schon seit längerem aus", sagt Gollia.
Kritiker hatten befürchtet, dass die Schengen-Öffnung Kriminellen aus angrenzenden Nicht-Schengen-Ländern Tür und Tor öffnen werde: So wurde beispielsweise mit einem neuen Strom von Schleppern und Geschleppten aus der Ukraine oder Russland gerechnet. Doch die Kontrolle der neuen Außengrenzen durch Österreichs Nachbarländer funktioniert offensichtlich gut.

Problem bei Wohnungseinbrüchen

In den Monaten Jänner und Februar ging auch (im Vergleich zu den ersten beiden Monaten des Vorjahres) die Kriminalität österreichweit zurück. Bei den angezeigten Fällen gibt es ein Minus von zehn Prozent. Platter führt das in erster Linie auf die Schengen-Ausgleichsmaßnahmen zurück. So sind etwa in Wien eigene Teams von Polizisten unterwegs, die an Verkehrsknotenpunkten stichprobenartige Personenkontrollen durchführen. Eine Zunahme der Einbrüche in Wiener Wohnungen konnten sie aber nicht verhindern. In diesem sensiblen Bereich gab es einen Anstieg von 2,6 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2008)

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