EU-Vertrag: Spannung vor Ratifizierung

(c) AP (Hans Punz)
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Am Mittwoch wollen Koalition und Grüne den Vertrag von Lissabon durch den Nationalrat bringen. FPÖ und BZÖ versuchen, dies noch im letzten Moment zu verhindern. Der Bundespräsident verspricht eine "sorgfältige Prüfung".

Der umstrittene EU-Reformvertrag wird am Mittwoch den österreichischen Nationalrat passieren. In der heutigen Präsidiale des Nationalrats wurde die Tagesordnung der beiden dieswöchigen Sitzungstage festgelegt. Demnach startet die Sitzung am Mittwoch mit einer Aktuellen Stunde, für welche die ÖVP das Thema "Arbeiten für Österreich: Bürger entlasten, Vollbeschäftigung und Wachstum sichern" gewählt hat. Danach wird die Debatte über den Vertrag von Lissabon eröffnet. Auf Wunsch des BZÖ soll es auch eine Einwendungsdebatte geben.

Gemeinsam mit der FPÖ nutzten die Orangenen bereits die montägliche Präsidiale für neuerliche Kritik an der Ratifizierung des EU-Reformvertrags. "Die Forderung des BZÖ und der FPÖ, die Ratifizierung zu verschieben," sei von "der Allianz der Demokratieverweigerer aus SPÖ, ÖVP und Grünen" abgeschmettert worden, erklärte BZÖ-Chef Peter Westenthaler. Und FP-Obmann Heinz-Christian Strache wetterte gegen die "EU-Lobbyisten-Parteien" SPÖ, ÖVP und Grüne. Diese seien "über die FPÖ, aber auch über das BZÖ wie eine antidemokratische Dampfwalze drübergefahren", beklagte Strache in einer Aussendung.

Haider: "Volksabstimmung über Gesetz"

Angesichts der baldigen Ratifizierung meldete sich auch der Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider (BZÖ) zu Wort. Haider, der sich seit langer Zeit als Gegner des Reformvertrages profiliert, schlug am Montag vor, gleichzeitig mit dem Ratifizierungsgesetz zu beschließen, dieses "einer Abstimmung durch das österreichische Volk zu unterziehen". Haider beharrt aber trotzdem auf einer Verschiebung der Abstimmung im Nationalrat, um zuvor in Kärnten eine EU-Volksbefragung abhalten zu können.

Der Landeshauptmann verwies auch auf ein Gutachten des Leiters der Verfassungsabteilung beim Amt der Kärntner Landesregierung, Gerold Glantschnig. Diesem zufolge würde der EU-Vertrag eine Gesamtänderung der österreichischen Bundesverfassung bewirken. Daher sei eine Volksabstimmung zwingend durchzuführen. Falls die Bundesregierung dem nicht nachkommen sollte, würde sie sich des Gesetzbruches schuldig machen.

Doch nicht nur bei FPÖ und BZÖ ist das neue Vertragswerk unbeliebt. Je nach Umfrage lehnen bis zu 60 Prozent der Österreicher den Vertrag von Lissabon ab. In den vergangenen Wochen machten einige der Vertragsgegner ihrem Unmut bei Anti-EU- Demonstrationen vornehmlich in Wien Luft. Angesichts dieser Proteste hat Bundespräsident Heinz Fischer versprochen, seine bevorstehende Ratifizierung durch das Parlament genau auf mögliche Verfassungswidrigkeiten prüfen zu wollen.

Fischer will sich "nicht in Ecke drängen lassen"

Er werde seine verfassungsmäßigen Aufgaben "sorgfältig und gewissenhaft wahrnehmen", lasse sich dabei aber "nicht durch Zurufe in die eine oder andere Ecke drängen", sagte Fischer am Montag. Er wolle seinen Beitrag dazu leisten, dass Österreich in der Frage des EU-Vertrags "nicht gespalten ist", sondern wolle "das Gemeinsame betonen, das was uns nützt oder wertvoll ist an der europäischen Zusammenarbeit", betonte der Bundespräsident.

Daher lasse er sich auch durch zugespitzte und emotionale Diskussionen, "die gelegentlich über europäische Fragen in Österreich geführt werden", nicht davon abbringen, "an diese Themen mit größter Sachlichkeit heranzugehen und Argumente, die Gewicht haben, auf die Waagschale zu legen", ließ Fischer Unterstützung für den EU-Vertrag erkennen.

Er wies darauf hin, dass die Regierungen aller 27 EU-Staaten den Vertrag in langen gemeinsamen Beratungen ausverhandelt und einstimmig verabschiedet hätten. Diese 27 Staaten seien "der gemeinsamen Auffassung, dass das richtige Schritte sind." (APA)

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