Kein Ehrendoktor für Barroso

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Der EU-Kommissionschef sei als Ex-Maoist und Verfechter der "Gender-Ideologie" unwürdig, urteilen Professoren der Uni Krakau.

Brüssel/Krakau. Eigentlich hätte José Manuel Barroso am kommenden Samstag für seine Verdienste um die Entwicklung von Mitteleuropa das Ehrendoktorat der ältesten Universität Polens erhalten sollen. Doch die Professoren des Instituts für Internationale Studien der Jagiellonen-Universität in Krakau, die heuer das 650. Jahr ihres Bestehens feiert, machten dem EU-Kommissionspräsidenten einen Strich durch die Rechnung. Der entsprechende Antrag des Rektors Wojciech Nowak wurde mit 27 Stimmen knapp abgelehnt, 26 Professoren stimmten für Barroso.

Zum Verhängnis wurde dem Portugiesen nicht die offizielle Begründung der Universität, wonach kein aktiver Politiker Ehrendoktor werden darf, sondern seine politische Vergangenheit, schreibt die Tageszeitung „Gazeta Wyborcza“, der das Protokoll der stürmischen Debatte am Institut zugespielt wurde. Demnach warfen die Professoren Barroso vor, er sei als ehemaliger Maoist und Kommunist ein „politisches Chamäleon“ und somit des Ehrentitels nicht würdig. Dessen nicht genug: Auch für die Verbreitung der „Gender-Ideologie“ wurde der Kommissionschef kritisiert.

„Gender“ gilt in erzkonservativen Kreisen als Sammelbegriff für alles Übel der liberalen Moderne, seit die polnischen Bischöfe Ende 2013 in einem Hirtenbrief gegen eine befürchtete Nivellierung der Geschlechter durch die Wissenschaft gewarnt haben. Seither wettern vor allem rechtskonservative Politiker gegen eine angebliche Indoktrinierung der Schulkinder, die katastrophale Folgen für die polnischen Familien haben würde. Freilich: An einer genauen Definition des Begriffs „Gender“ sind seine Kritiker bis dato gescheitert.

Als Trostpreis soll Barroso am Samstag eine Gedenkmedaille erhalten. (ag./la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.05.2014)

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