Kursdebatte bei Sozialisten

(c) REUTERS (STEPHANE MAHE)
  • Drucken

Premierminister Manuel Valls versuchte am Wochenende, seine Partei wieder zu einen. Er sei kein französischer Tony Blair.

Paris. „Ich liebe die Sozialisten“, rief der französische Premierminister Manuel Valls am Sonntag in seiner Rede zum Abschluss der Sommeruniversität des Parti Socialiste (PS) in La Rochelle seinen Zuhörern zu. Er erntete damit bei seiner politischen Familie im Hafenstädtchen hörbar weniger Beifallsstürme als ein paar Tage zuvor bei seinem Auftritt vor den versammelten Vertretern des Arbeitgeberverbands Medef. Ihnen hatte er versichert, wie sehr Frankreich die Unternehmen brauche. Zum Regieren allerdings benötigt Valls die Unterstützung der Regierungspartei, und diese stand nach einer Regierungskrise zu Wochenbeginn zuletzt am Rande einer Spaltung.

Bereits von einer „Implosion“ sprachen Medien wie „Le Monde“. Denn der von Valls bei der Regierungsumbildung bekräftigte Kurs zur Senkung der Schulden und des Defizits und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stößt auf Skepsis und Kritik bei einer wachsenden Zahl seiner Parteigenossen, die in dieser Politik das Wahlprogramm ihres sozialistischen Präsidenten nicht mehr wiedererkennen.

Für die interne Opposition der „Frondeurs“ (Aufbegehrenden) war La Rochelle nach der Entlassung von Ex-Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg und drei weiterer Regierungsmitglieder die Chance, sich in der Partei und in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen, und, wenn möglich, auf eine Kurskorrektur nach links zu drängen.

Bereits am Samstag hatten sie sich zahlreich am Rande des offiziellen Programms versammelt. Justizministerin Christiane Taubira, die nicht PS-Mitglied ist, beehrte sie mit ihrer Anwesenheit. „Wir haben es zugelassen, dass die Franzosen ihr Selbstvertrauen verloren haben“ meinte sie später selbstkritisch zur Bilanz der seit 2012 regierenden Sozialisten. Was diese Gruppen des linken Parteiflügels vorübergehend eint, ist der Vorwurf an Hollande und Valls, sie würden sich mit ihrer „sozialliberalen“ Wende dem Spardiktat der EU beugen und damit Frankreich und mithin den PS in den Abgrund führen.

Die Aufgabe von Valls als Schlussredner war also alles andere als einfach. Ohne die Loyalität der Partei mit dem Präsidenten und der Regierung gehe gar nichts, mahnte er. Die Kontrolle der öffentlichen Ausgaben sei notwendig, aber kein Selbstzweck. „Nein, wir machen keine Austeritätspolitik“, versicherte er und zählte auf, was die Linksregierung seit Hollandes Wahlsieg für die Benachteiligten und zugunsten der Gleichheit unternommen habe. Geradezu als Beschimpfung wies er einen Vergleich seiner Person mit dem Briten Tony Blair zurück.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.