EU will Fingerabdrücke von allen Einreisenden

„Smart Borders Initiative“. Die Kommission will Ort und Zeitpunkt des Grenzübertritts von Drittstaatsangehörigen elektronisch registrieren. Widerstand dagegen regt sich vor allem im Europäischen Parlament.

Wien/Brüssel. Es gehört zu den unvollendeten Projekten des Kabinetts Barroso II: das Vorhaben, an den EU-Außengrenzen künftig Fingerabdrücke von Einreisenden aus Drittstaaten zu erfassen. Unter dem wohlklingenden Namen „Smart Borders Initiative“ hat Innenkommissarin Cecilia Malmström ein ambitioniertes Maßnahmenpaket entwickelt, das nun von ihrem Nachfolger, dem für Einwanderung und Inneres zuständigen griechischen Kommissar, Avramopoulos Dimitris, weitergeführt wird.

Ursprünglicher Beweggrund für die Initiative: Die Kommission schätzt, dass sich in der Union zwischen 1,9 und 3,8 Millionen „Overstayers“ befinden – das sind Menschen, die legal eingereist sind, die erlaubte Dauer ihres Aufenthalts aber überschritten haben. Deshalb sollen der genaue Ort und Zeitpunkt des Grenzübertritts aller Einreisenden aus Nicht-EU-Ländern künftig elektronisch registriert werden. Auch nicht visumpflichtige Personen sollen von dieser neuen Regelung betroffen sein.

Die erlaubte Dauer des Aufenthalts wird automatisch berechnet; bleibt der Reisende aber länger, soll eine Warnung an die nationalen Behörden geschickt werden. Das alte System von per Hand gestempelten Reisepässen, das etwa keine genaue Kontrolle der Ausreise erlaubt, soll damit der Vergangenheit angehören. Die Speicherfrist der biometrischen Daten dürfte laut Plänen der Kommission 181 Tage betragen.

Für Vielreisende aus Nicht-EU-Staaten mit „niedrigem Risikoprofil“ – wie Geschäftsleute, Studenten, Wissenschaftler oder Ausländer mit Verwandten in der EU – soll es dagegen Erleichterungen geben: Sie können sich nach einem Sicherheitscheck und der Zahlung von 20 Euro im „Registered Travellers Program“ (RTP) registrieren lassen. Der Grenzübertritt für diese Gruppe soll dann „innerhalb von Sekunden“ abgewickelt werden. Mit einer Chipkarte sollen sie auf Flughäfen automatische Einreisekontrollen absolvieren können, ohne Inspizierung durch Grenzbeamte – allerdings nach Prüfung der Fingerabdrücke.

Kosten explodieren

Der Vorschlag muss noch von den 28 EU-Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament abgesegnet werden – der Widerstand aber dürfte besonders in der Bürgervertretung beträchtlich sein. Zum einen monieren Abgeordnete des linken und grünen Lagers, dass die ursprünglich veranschlagten Kosten des Projekts von einer Milliarde Euro weit überschritten werden dürften. Zum anderen sei das System „ein schwerer, unverhältnismäßiger Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen“, wie Ska Keller, grüne Abgeordnete im EU-Parlament, im Gespräch mit der „Presse“ sagte. Doch auch unter Liberalen und Konservativen gibt es Vorbehalte gegen die Initiative, die freilich noch ausbaufähig ist: Schon fordern die Regierungen mehrerer Nationalstaaten, die Fingerabdruckdatenbank zur Verbrechensbekämpfung nützen zu dürfen. Auch die österreichische Innenministerin, Johanna Mikl-Leitner, hält dies für „sinnvoll.“ (aga)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.09.2014)

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