EU-Kommission geht bei TTIP auf Gegner zu

Der zukünftige EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gibt bei den TTIP-Verhandlungen die Richtung vor.
Der zukünftige EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker gibt bei den TTIP-Verhandlungen die Richtung vor.(c) REUTERS
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Die neue Kommission will beim Freihandelsabkommen mit den USA keinen umstrittenen Investorenschutz. Juncker wolle "europäische Standards nicht opfern".

Die neue EU-Kommission von Jean-Claude Juncker geht schon vor Amtsantritt auf Gegner des EU-US-Freihandelsabkommens TTIP zu. Bei den Verhandlungen mit den USA soll auf Absicherungen zum umstrittenen Investorenschutz verzichtet werden. Das wurde am Wochenende in Brüssel unmittelbar vor der Parlamentsanhörung der neuen EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström deutlich.

Die Schwedin wird am morgigen Montag den Abgeordneten Rede und Antwort stehen. Am selben Tag gehen die TTIP-Verhandlungen in den USA in die siebente Runde.

Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange (SPD), teilte mit, Malmström habe sich für ein TTIP ohne die umstrittene Investor-Staat-Streitschlichtung (ISDS) ausgesprochen. Parlamentariern waren schon vor dem Hearing Antworten Malmströms auf schriftliche Fragen zugegangen.

Faymann und Gabriel gegen Investorenschutz

Gegner warnen, Konzerne könnten auf der Basis von ISDS-Klauseln die EU oder einzelne Staaten vor internationale Schiedsgerichte bringen. In Österreich zeigte sich Kanzler Werner Faymann (SPÖ) kritisch zu den Investitionsschutzregeln: Diese brauche man nicht, denn die Rechtsstaatlichkeit in Österreich, der EU und den USA sei hier ausreichend, sagte er kürzlich im Nationalrat. In Deutschland lehnt Wirtschaftsminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) Investitionsschutzregeln ab - beide auch beim Freihandelsabkommen CETA mit Kanada, das bereits fertig ausgehandelt ist.

Ganz überraschend kommt die Kehrtwende der neuen Kommission nicht. Der Christsoziale Juncker hatte schon im Juli gesagt, er werde es nicht hinnehmen, "dass die Rechtsprechung der Gerichte in den EU-Mitgliedstaaten durch Sonderregelungen für Investorenklagen eingeschränkt wird".

Juncker will "europäische Standards nicht opfern"

Der künftige Kommissionschef aus Luxemburg sagte weiter: "Rechtsstaatlichkeit und Gleichheit vor dem Gesetz müssen auch in diesem Kontext gelten." Juncker ist nach eigenen Worten auch nicht bereit, europäische Standards im Bereich Sicherheit, Gesundheit, Soziales oder Datenschutz "auf dem Altar des Freihandels zu opfern".

Das geplante TTIP-Abkommen mit dem Wirtschaftsriesen USA ist für viele Kritiker ein rotes Tuch. Sie befürchten die Absenkung von Verbraucher- und Umweltschutzstandards in Europa. Die bisherige Kommission von José Manuel Barroso hatte diese Vorwürfe stets zurückgewiesen. Der Investorenschutz war allerdings von der EU nach öffentlichem Druck bei den Verhandlungen bereits auf Eis gelegt worden.

Mit dem Abkommen soll die größte Freihandelzone der Welt mit rund 800 Millionen Menschen entstehen. Die Verhandlungen sollen vom Montag an in der Nähe Washingtons fortgesetzt werden.

Anhörungen werden fortgesetzt

Ausschusschef Lange sagte: "Malmström geht einen Schritt in die richtige Richtung. Wir Sozialdemokraten haben seit Beginn der Verhandlungen über TTIP darauf gedrängt, dass ein Abkommen mit Schutzklauseln für Konzerne für uns nicht infrage kommt. Unsere Botschaft ist offensichtlich angekommen."

Auch der deutsche Kommissar Günther Oettinger wird am Montag angehört werden. Der CDU-Politiker soll künftig für die Digitalwirtschaft verantwortlich sein. Das Parlament muss der neuen Juncker-Kommission noch zustimmen. Falls es keine Verzögerungen gibt, wird das neue Spitzengremium am 1. November seine Arbeit aufnehmen.

Die EU und Kanada hatten erst am Freitag in Ottawa feierlich den Abschluss ihrer Freihandelsverhandlungen verkündet, die fünf Jahre dauerten. Das Abkommen - Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) - soll 2016 in Kraft treten und muss vorher noch förmlich gebilligt (ratifiziert) werden. CETA gilt als Blaupause für das weitaus wichtigere TTIP.

(APA/dpa)

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