EU: Was die Kommissare in spe geloben

BELGIUM EU PARLIAMENT NEW COMMISSIONERS
BELGIUM EU PARLIAMENT NEW COMMISSIONERS(c) APA/EPA/JULIEN WARNAND (JULIEN WARNAND)
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Die designierte Handelskommissarin, Cecilia Malmström, will sich nicht auf die Streichung von Investorenschutzklauseln aus dem Abkommen der EU/USA festlegen.

Brüssel. „Wir versprechen unseren Hoffnungen gemäß, und wir halten unseren Befürchtungen gemäß“ – diese Sentenz des französischen Literaten La Rochefoucauld taugt sehr gut als Beschreibung der Ausgangslage der Hearings der designierten EU-Kommissare im Europaparlament. Bis zum 7.Oktober werden alle 27 Kandidaten den Europaabgeordneten Rede und Antwort stehen: Im Rahmen von jeweils dreistündigen Anhörungen soll die fachliche Tauglichkeit der Kommissare in spe überprüft werden, über das Team von Jean-Claude Juncker wird das Plenum am 21.Oktober abstimmen.

Zwar betrifft das Votum das gesamte Kolleg, doch es liegt im Bereich des Möglichen, dass die Abgeordneten ihnen nicht genehme Kandidaten informell „durchfallen“ lassen – also klarstellen, dass sie die Person als für den Posten ungeeignet erachten. Auch bei den am Montag begonnenen Hearings gibt es einige Wackelkandidaten – und damit wären wir wieder bei La Rochefoucauld, denn um die Kritik zu neutralisieren und die Abgeordneten auf ihre Seite zu ziehen, legten einige Kandidaten im Vorfeld Versprechen ab, wie sie ihre neue Rolle anlegen wollen.

Heißes Eisen TTIP

Mit Cecilia Malmström kam am gestrigen Nachmittag ein heißes Eisen auf den Tisch – die Schwedin ist nämlich für die Handelsagenda nominiert, und die laufenden Verhandlungen zwischen EU und USA über das Investitions- und Freihandelsabkommen TTIP sorgen seit geraumer Zeit für Kontroversen. Widerstand – auch im Europaparlament – regt sich vor allem gegen darin enthaltene Klauseln zum Investorenschutz, die es US-Unternehmen ermöglichen würden, europäische Regierungen vor ein internationales Schiedsgericht zu zerren, sollte deren Gesetzgebung ihre wirtschaftlichen Interessen konterkarieren.

Über Malmströms Position zum Investorenschutz herrschte zuletzt einige Verwirrung: In ihrer ersten schriftlichen Stellungnahme an das Europaparlament hieß es, sie werde dafür sorgen, dass „keine Investor-Staat-Streitbeteiligung Teil dieser Vereinbarung (TTIP, Anm.)wird“ – doch am Wochenende ruderte Malmström zurück und schickte eine Neufassung, in der lediglich davon die Rede war, dass die europäische Rechtsprechung nicht durch TTIP eingeschränkt sein dürfe. „Ich schließe nicht aus, dass der Investorenschutz am Ende kein Teil von TTIP sein wird“, sagte Malmström gestern, für eine definitive Festlegung sei es jedoch zu früh. Entsprechende Klauseln aus dem bereit fix und fertig verhandelten Abkommen mit Kanada (CETA) zu streichen, wie es unter anderem in Berlin gefordert wird, sei „keine gute Idee“, künftige Verhandlungen müssten aber transparenter geführt werden.

Transparenz als Versprechen

Auch Jonathan Hill, der umstrittene britische Kandidat für den Posten des Finanzmarktkommissars, outete sich im Vorfeld seiner morgigen Anhörung als Fan der Transparenz: Er werde Großbritannien nicht bevorzugen und alle offiziellen Kontakte offenlegen, versprach der ehemalige Lobbyist, der für sein Naheverhältnis zur britischen Finanzbranche kritisiert wurde. In dasselbe Horn stößt auch Miguel Arias Cañete, der für Klimapolitik und Energie zuständig sein soll – und der bis vor Kurzem an mehreren Ölunternehmen beteiligt war. Der spanische Kandidat, der ebenfalls morgen befragt wird, will sich für die Schaffung eines verpflichtenden Lobbyingregisters in der EU starkmachen – derzeit gibt es in Brüssel keine Meldepflicht für Lobbyisten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.09.2014)

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