Polen gibt bei Klimazielen nach

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Die polnische Regierung will eine Einigung der EU-28 über die Ziele für CO2-Ausstoß bis 2030 beim EU-Gipfel Ende Oktober offenbar nicht länger blockieren.

Brüssel. Das auf Kohlekraftwerke setzende Polen zeigt sich im Streit über ambitionierte EU-Klimaziele offenbar kompromissbereit. „Polen arbeitet in dem Geiste, dass es eine Einigung im Oktober (beim EU-Gipfel, Anm.) nicht blockiert und eine einheitliche Position der EU gewährleistet“, heißt es in einem EU-Dokument zu den Positionen der Mitgliedsländer, das die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag veröffentlichte. Polen besteht demnach nicht mehr darauf, dass es zum Erreichen der Ziele beim Kohlendioxidausstoß auf Verschmutzungsrechte aus dem Ausland zurückgreifen kann, auch wenn es diese Lösung dem Text zufolge bevorzugt. Allerdings fordert die Regierung in Warschau eine Entschädigung, um der EU-Position zustimmen zu können.

Wie genau diese Entschädigung aussehen könnte, ist nicht klar. Fest steht aber, dass die Regierung in Warschau zwei energiepolitische Schwerpunkte hat, die innerhalb der EU momentan keine Mehrheitsposition haben: Zum einen will Polen auf Schiefergas setzen – ersten Probebohrungen zufolge verfügt das Land über reichhaltige Vorkommen. Der zweite Fokus liegt indes auf der Kernkraft: Anfang des Jahres wurde in Warschau der Beschluss gefällt, bis zu 14 Mrd. Euro in den Bau von zwei Kernkraftwerken zu stecken, die 2024 ans Netz gehen sollen. Beide Vorhaben sind aber längerfristiger Natur – der Bau von neuen Kernkraftwerken ist ohne staatliche Unterstützung kaum zu bewältigen. Nachdem die EU-Kommission vor wenigen Tagen die britischen Staatsbeihilfen für den Bau des AKW Hinkley Point genehmigt hat, dürfen die Polen auf ähnliches Entgegenkommen hoffen, sollte die Regierung in Warschau grünes Licht für den AKW-Bau geben.

Die EU-Kommission hatte vorgeschlagen, den CO2-Ausstoß in der EU bis 2030 im Vergleich zu 1990 um 40 Prozent zu reduzieren. Vor allem Polen hatte sich lange gegen dieses Ziel gesperrt, weil die dortige Wirtschaft zum größten Teil von Energie aus klimaschädlichen Kohlekraftwerken abhängig ist – ein Erbe der kommunistischen Ära.

In dem EU-Dokument heißt es zur deutschen Position, dass die Bundesregierung das 40-Prozent-Ziel unterstütze sowie den Anteil der erneuerbaren Energieträger in der EU bis 2030 auf 30 Prozent erhöhen wolle. Die Energieeffizienz solle im Vergleich zu 1990 auf 30 Prozent steigen. Die Kommission peilt hier ebenfalls 30 Prozent an, will bei den Erneuerbaren aber nur einen Anteil von 27 Prozent vorgeben. Eine Einigung der 28 Staaten soll beim EU-Gipfel Ende Oktober in Brüssel erreicht werden, damit die EU beim Weltklimagipfel 2015 mit einer einheitlichen Position auftreten kann.

Euro nicht vor 2020

Was die Euro-Mitgliedschaft anbelangt, will sich Polen indes Zeit lassen. „Wir werden frühestens 2020 beitreten“, sagte Vizepremier Janusz Piechociński am gestrigen Freitag. Man wolle zuerst die ökonomische Gesundung der Eurozone abwarten. (ag./la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2014)

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