Bulgarien: Sofia macht PR-Druck auf EU

Bulgarien versucht sein angeschlagenes Image mit US-Hilfe zu sanieren.

Sofia.Seit Wochen zittert Bulgariens politische Führung vor dem für 23. Juli angekündigten nächsten EU-Bericht wie das Kaninchen vor der Schlange: Wird die Europäische Kommission dem Balkanland wegen der Affären um hinterzogene EU-Fördergelder finanzielle Zuwendungen kürzen oder es erneut bei Mahnungen belassen?

Um sich bei den EU-Partnern schon vorab positiver zu präsentieren, versucht Bulgariens Regierung offensichtlich ihre Öffentlichkeitsarbeit professioneller zu gestalten. Dabei konnte sie vor kurzem einen ersten Achtungserfolg landen: „Keine Sanktionen gegen Bulgarien – Regierung will Korruption bekämpfen“ titelte die „Washington Times.“ Der bulgarische Ministerrat platzierte den Artikel umgehend auf seiner Homepage: Die „Bemühungen im Kampf gegen die Korruption“ seien „nicht unbeachtet geblieben“, heißt es dort einleitend zu dem Text, der aus der Feder der Direktorin des American Center of Democracy (ACD), Rachel Ehrenfeld stammt. Drei bis vier Monate brauche das ACD, um Regierungen beratend in ihrem Kampf gegen Korruption und Kriminalität zu unterstützen, erfährt man auf der Internetseite des Instituts. Ganze sechs Tage genügten Ehrenfeld indes, um die Verhältnisse in Bulgarien zu studieren, 18-seitigen Bericht mit Empfehlungen inklusive. Eine stabile Wirtschaftsentwicklung wäre in einem korrupten und kriminellen Umfeld unmöglich, lautet eine Erkenntnis. Mit einer Reihe ähnlich Einsichten ist der Bericht auch in den „Washington Times“-Artikel eingeflossen.

Aber auch im Inland läuft die PR-Maschine an: „Die Bulgaren sollten sich an der Courage ihres Ministerpräsidenten ein Beispiel nehmen“, gab Rachel Ehrenfeld der bulgarischen Tageszeitung „Standard“ zu Protokoll. Die EU sei sehr kritisch gegenüber Bulgariens Fortschritt im Kampf gegen die Korruption. Sie selbst habe aber „wenig Berechtigung für die harsche Kritik gesehen.“ Man habe „viele Präsidenten und Ministerpräsidenten getroffen, die behaupten, sie wollten die Korruption bekämpfen. Aber keiner war so ernsthaft entschlossen, innovativ und dynamisch wie Ihr Ministerpräsident,“ so Ehrenfeld, die in den USA zu den exponiertesten Repräsentanten des Neo-Konservatismus zählt.

Besuch auf Regierungskosten

Ehrenfelds durch Spenden finanziertes Institut sieht seine Mission im Kampf gegen „Feinde der Freiheit“ und versteht darunter vor allem radikale Islamisten. Bulgarien ist das erste Land, das Beratungsdienstleistungen im Kampf gegen Korruption in Anspruch nimmt.

Laut Pressestelle des Ministerrats fand Ehrenfelds Visite auf Einladung des bulgarischen Ministerpräsidenten statt. Die Regierung übernahm die Hotelkosten und stellte der amerikanischen Analystin Auto und Dolmetscher zur Verfügung. Vielleicht kein ganz billiges Gastspiel – aber eines, das sich gelohnt haben könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.07.2008)

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