Erweiterung: Kroatien kommt Beitritt einen großen Schritt näher

(c) AP (FILIP HORVAT)
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Der EU-Fahrplan sieht den Abschluss der Verhandlungen bis 2009 vor. Der Kampf gegen die Mafia bleibt aber ein Stolperstein.

BRÜSSEL. Die Zeugnisverteilung steht bevor. Wie jedes Jahr fiebern die EU-Beitrittskandidaten wie Schüler zum Schulschluss dem Fortschrittsbericht entgegen, den die EU-Kommission am Mittwoch präsentieren wird. Für Kroatien wird er sehr positiv ausfallen – es hat einen Termin für die Reifeprüfung erhalten. Zum ersten Mal wird ein Fahrplan zum Beitritt genannt: Bis Ende 2009 sollen die Verhandlungen abgeschlossen sein. Das ist der Lohn für die Fortschritte, die Kroatien zuletzt gemacht hat. Im Grenzstreit mit Slowenien zeichnet sich ein Einlenken ab – bei der Fischereizone in der Adria gibt es erste Kompromisse, bei den Landgrenzen könnte es bald so weit sein. Auch die Frage der Werften dürfte vor einer Lösung stehen: Für sie soll es nach Ablauf von Übergangsfristen keine Staatsbeihilfen mehr geben, wie es dem EU-Standard entspricht.

Doch die jüngsten Kriminalfälle bringen Kroatien in die Bredouille. In der Vorwoche ist ein regimekritischer Journalist bei einem Bombenattentat ums Leben gekommen. Drei Wochen davor wurde die Tochter des Anwalts von Vladimir Zagorec ermordet. Dem kroatischen Ex-Vizeverteidungsminister werden Amtsmissbrauch und Veruntreuung vorgeworfen.

Widerstand aus den Niederlanden

Die offensichtlich noch weit verbreitete organisierte Kriminalität gefährde den Beitrittsprozess, warnt Hannes Swoboda, SPÖ-Abgeordneter und Kroatien-Berichterstatter im EU-Parlament. Wie das Land damit umgeht, werde zum „Testfall“, betont er im Gespräch mit der „Presse“. Schwört Premier Ivo Sanader seine Regierung nicht auf eine scharfe Linie ein, wäre das Ziel – Verhandlungen bis Ende 2009, EU-Beitritt nach Ratifizierung etwa 2011 – nicht zu halten. Die Justiz müsse daher rasch modernisiert werden und handeln.

Außer dem EU-Parlament müssen auch die Mitgliedstaaten grünes Licht für den Beitritt geben. Mehrere, vor allem die Niederlande, bremsen bei den Verhandlungen: Die EU solle sich nicht mit einer Erweiterung „übernehmen“, wenn der Kandidat noch nicht reif sei. Österreich gilt als Kroatien-freundlich. Von einem Beitritt erhofft es sich noch bessere Wirtschaftsbeziehungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.10.2008)

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