Den Haag erwog Rückkehr zu Gulden

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Eurokrise. Auf dem Höhepunkt der Krise bereitete sich die niederländische Regierung auf eine Rückkehr zur eigenen Währung vor. Gespräche und Absprachen gab es auch mit Deutschland.

Den Haag. Es gibt zahlreiche Indizien dafür, dass die Niederlande und Deutschland auf dem Höhepunkt der Eurokrise 2012 gemeinsam darüber nachgedacht haben, den Gulden und die D-Mark wieder einzuführen. „Die Niederlande hatten bereits ein Szenario fertig, um den Gulden wieder als Zahlungsmittel einzuführen“, berichtet das niederländische TV-Magazin „Argos Medialogica“ in seiner neuesten Ausgabe.

Das Krisenszenario zur Rückkehr zum Gulden trug den Codenamen Florijn. Florijn ist der altholländische Name für Gulden. Für den Fall, dass die Eurozone auseinanderbrechen sollte, wären die Niederlande Stand-by gewesen, um die frühere Währung umgehend als Zahlungsmittel in Umlauf zu bringen.

„Das Drehbuch für die Wiedereinführung des Guldens war fix und fertig“, wurde ein hoher Finanzbeamter aus dem Haager Finanzministerium in der Sendung anonym zitiert. „Wir haben uns auf alles vorbereitet, auch darauf, aber auch darauf, dass der Euro diese Krise überleben wird.“

Der damalige niederländische Finanzminister, Jan Kees de Jager, bestätigte die Vorbereitung zur Rückkehr zum Gulden allerdings nur indirekt. Er sagte, dass „über viele Szenarios nachgedacht wurde“. De Jager, der nun Finanzvorstand beim Telekom-Konzern KPN Telecom ist, ließ offen, ob unter seiner Leitung konkrete Pläne zur Wiedereinführung der alten Währung ausgearbeitet worden sind. Der Christdemokrat war von 2010 bis 2012 niederländischer Finanzminister. De Jager bestätigte allerdings, dass die damalige niederländische Regierung sehr enge Gespräche mit der deutschen Regierung geführt habe. Es sei damals sogar ein niederländisch-deutsches Krisenteam gegründet worden.

Planspiele in Berlin

Daraus lässt sich indirekt schließen, dass es möglicherweise auch in der Berliner Regierung Planspiele gegeben haben könnte, die D-Mark wieder einzuführen für den Fall, dass die Eurozone auseinanderbrechen sollte. Offiziell wurde das stets bestritten. Die deutsche Regierung hat auf dem Höhepunkt der Krise mehrfach Gerüchte dementiert, dass es Vorbereitungen bis hin zum Druck von D-Mark-Scheinen gab. Solche Behauptungen waren vor allem im Internet verbreitet und wurden von rechtspopulistischen Politikern wiederholt.

An den Vorbereitungen zur Wiedereinführung des Guldens soll auch die niederländische Zentralbank beteiligt gewesen sein. Der Chef der Zentralbank (DNB), Klaas Knot, gibt heute indirekt zu, dass innerhalb der DNB im Jahr 2012 über Szenarios zur Wiedereinführung des Guldens nachgedacht worden ist. „Es gab Momente, in denen wir Vorbereitungen für bestimmte Szenarios trafen“, so Knot.

Die Eurokrise entstand aus der Wirtschafts- und Finanzkrise, die 2008 mit dem Zusammenbruch der US-Bank Lehman Brothers begann und dann in eine globale Schuldenkrise mündete. Als im Jahr 2009 bekannt wurde, dass Griechenland viel mehr Schulden hat, als das Land bisher angegeben hatte, eskalierte die weltweite Finanzkrise zur Krise für den Euro. Erst als der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, 2012 in seiner berühmten Rede in London sagte, die EZB werde alles Notwendige tun, um den Euro zu retten, glätteten sich die Krisenwogen und nahmen die Spekulationen gegen die europäische Einheitswährung wieder ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.11.2014)

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