EU-Gipfel: Tusk wünscht Reduktion aufs Wesentliche

(c) APA/EPA/STEPHANIE LECOCQ (STEPHANIE LECOCQ)
  • Drucken

Donald Tusk, der neue Ratspräsident, will Brüsseler Treffen straffen und – wenn möglich – auf einen Tag verkürzen.

Brüssel. Zu den Eigenheiten des politischen Geschäfts gehört es, dass hohe Würdenträger ihrem Amt einen eigenen Stempel aufdrücken möchten. Was für die Innenpolitik gilt, gilt ebenfalls auf europäischer Ebene. So machte beispielsweise der am 31. Oktober aus dem Amt des Ratspräsidenten geschiedene Herman Van Rompuy ein Ende mit der Praxis ausufernder, tagelanger EU-Gipfel. Unter der Ägide des Belgiers wurden die Treffen der Staats- und Regierungschefs der Union gestrafft und auf maximal zwei Tage beschränkt – und Van Rompuys Nachfolger, Donald Tusk, scheint seinen Vorgänger in dieser Hinsicht noch überflügeln zu wollen.

In den Brüsseler Couloirs wird seit Tagen gemunkelt, dass der ehemalige polnische Premierminister die Gipfeltreffen verkürzen möchte – sie sollen im Idealfall nur einen Tag dauern, hieß es in Diplomatenkreisen. Zwar sah das indikative Programm des am Donnerstag begonnenen Treffens eine zweite Arbeitssitzung am Freitag vor, dem Vernehmen nach wurden die Regierungskanzleien von Tusks Team vorab darüber informiert, dass der Gipfel schon Donnerstagnacht zu Ende gehen könnte, falls es den EU-Granden gelingt, alle Themen auf der Agenda abzuhandeln. „Die Chefs könnten dann noch in der Nacht nach Hause fliegen oder in Brüssel übernachten und am nächsten Tag zurückkehren“, so der Vertreter eines EU-Mitglieds.

Schlanke Schlussfolgerungen

Ob diese Straffung gelingen kann, hängt stark von dem Umfang der Tagesordnung ab – und auch in diesem Bereich will es Tusk anders angehen als sein Vorgänger. Dem Vernehmen nach will der Ratspräsident die Agenda der künftigen Gipfel auf zwei, drei Themen beschränken, die politischer Klärung auf oberster Ebene bedürfen. Der Rest soll demnach künftig verstärkt auf Ministerebene in Fachräten akkordiert werden. Der Entwurf der Schlussfolgerungen für den Dezembergipfel gibt einen Vorgeschmack auf die neue Arbeitsweise. Er umfasst lediglich zweieinhalb Seiten und beschränkt sich auf zwei Themen: den in Entstehung befindlichen Investitionsfonds der EU sowie die Ukraine-Krise.

Ob Tusk diese Reduktion aufs Wesentliche gelingen kann, hängt allerdings stark von den äußeren Umständen ab. Derzeit ist die europapolitische Lage stabil – doch sollte beispielsweise die Eurokrise wieder ausbrechen, würde sich das unmittelbar auf das Arbeitspensum der Staats- und Regierungschefs auswirken – und auch auf die Brüsseler Gipfelagenda. (la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.