EU-Außenminister wollen Hamas wieder auf Terrorliste setzen

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Nachdem der EuGH die Palästinenserorganisation von der Liste gefährlicher Gruppen gestrichen hat, soll sie nun wieder sanktioniert werden.

Brüssel. Vertreter der radikal-islamischen Hamas haben sich zu früh gefreut. Nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) ihre Bewegung im Dezember von der EU-Terrorliste gestrichen hatte, bezeichnete die Hamas-Führung das als internationalen Durchbruch. Doch die EU-Außenminister entschieden am Montag anders. Die Palästinenserorganisation wird weiterhin isoliert, ihre Gelder bleiben eingefroren. Bei der überraschenden Kehrtwende dürfte die aktuelle Gefahrenlage durch islamistischen Terror eine Rolle gespielt haben. Denn die EU-Außenminister berieten am Montag über das weitere Vorgehen gegen radikale islamistische Gruppen.

Die Vertreter der EU-Regierungen beschlossen konkret, Berufung gegen das EuGH-Urteil einzulegen. Die Hamas wird damit weiterhin als Gesprächspartner der Europäer abgelehnt, obwohl sie den Gazastreifen mitregiert. Während sich Vertreter der Palästinenserbewegung verärgert zeigten, reagierte die israelische Führung erleichtert.

Die EuGH-Entscheidung sei einst „auf Grundlage von Verfahrensgründen“ getroffen worden und enthielt keine Bewertung des Gerichts, ob die Hamas eine terroristische Organisation ist“, begründete die EU-Außenbeauftragte Frederica Mogherini das Beharren der Außenminister. Freilich hatte der Gerichtshof die Hamas auch deshalb von der Liste genommen, weil sich die Bewertung als terroristische Organisation durch den Rat der EU „nicht auf Tatsachen gestützt“ hatte. Der Beschluss habe vielmehr auf Angaben beruht, „die der Presse und dem Internet entnommen worden sind“, so die Begründung der Richter. Die EU-Außenminister müssen also jetzt Beweise vorlegen, die den terroristischen Charakter der Palästinenserorganisation belegen.

Die Hamas ist eine radikale sunnitische Gruppe. Sie wurde 1987 als Zweig der Muslimbrüder gegründet. Sie lehnt den israelischen Staat grundsätzlich ab. In ihrer Gründungscharta verpflichtete sie alle gläubigen Muslime, gegen den Staat Israel zu kämpfen und ihn in einen islamischen Staat Palästina zu verwandeln. Nach Auseinandersetzungen mit der gemäßigten Fatah-Partei von Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas übernahm die Hamas im Sommer 2007 die Kontrolle im Gazastreifen. Auch nach Bildung einer Einheitsregierung mit der Fatah übt sie weiterhin die militärische Kontrolle aus.

Hamas-Vertreter kritisierten die gestrige Entscheidung der Außenminister als unmoralisch. Sie zeige, dass „die EU als Ganzes Partei für den israelischen Besatzer ergreift und diesem Deckung für seine Verbrechen gegen das palästinensische Volk gibt“, so Hamas-Sprecher Sami Abu Suhri.

Israel hatte die EuGH-Entscheidung vor einem Monat scharf kritisiert. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bezeichnete die damalige Begründung der EU-Richter als „nicht nachvollziehbar“. Im Dezember hatte er gefordert, „die Hamas umgehend wieder auf die Liste zu setzen“.

Anti-Karikatur-Demonstration in Gaza

Rund zweihundert Anhänger von islamistischen Gruppen haben indessen in Gaza gegen die neue Mohammed-Karikatur in der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ demonstriert und Franzosen mit dem Tod bedroht. Es war die größte Kundgebung von Anhängern salafistischer Strömungen, die es im Palästinensergebiet seit der Machtübernahme durch die Hamas gegeben hat. Die Demonstranten trugen Porträts der drei islamistischen Attentäter von Paris. Obwohl die Hamas-Polizei ihr Hauptquartier auf der gegenüberliegenden Straßenseite hat, sind die Sicherheitskräfte erst eingeschritten, als die Demonstranten auf das Gelände des französischen Kulturzentrums vordringen wollten. [ Reuters ] (ag./wb)

AUF EINEN BLICK

Hamas. Die EU-Außenminister wollen eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs beeinspruchen, wonach die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas von der Terrorliste gestrichen werden muss. Die EU-Regierungen werden nun Belege vorlegen müssen, warum die Hamas als terroristisch einzustufen ist, sonst droht ein neuerlicher Widerruf durch die Richter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2015)

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