Euro-Gruppe: „Regeln müssen eingehalten werden“

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Die Euro-Finanzminister mahnen die griechische Regierung, Gespräche mit den Geldgebern zu beginnen. Einen Schuldenschnitt lehnen sie ab.

Wien/Brüssel. Zähneknirschend gratulierten die Euro-Finanzminister bei ihrem Treffen am gestrigen Montag dem klaren Sieger der griechischen Parlamentswahlen, Alexis Tsipras: „Wir wünschen viel Erfolg“, sagte Euro-Gruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem vor Beginn der Sitzung – doch so recht glauben wollte das keiner der anwesenden Journalisten. Der radikale Linkspolitiker Tsipras hatte im Wahlkampf das Versprechen gemacht, die von den Geldgebern oktroyierte Sparpolitik zu beenden und fordert nun einen weitreichenden Schuldenschnitt für sein Land.

Höflich, aber bestimmt mahnte Dijsselbloem den neuen griechischen Premier deshalb gestern zur Vernunft. Brüssel strebe rasche Gespräche mit der neuen Regierung an, und er erwarte sich, dass „sie mit uns zusammenarbeitet. Auf dieser Basis sind wir bereit, sie zu unterstützen.“ Allerdings bedeute das auch „die Einhaltung der Regeln und Vereinbarungen“, die getroffen wurden.

Noch deutlicher wurde Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling: Syriza werde seine Wahlversprechen nicht halten können, sagte er vor Beginn des Treffens mit seinen Amtskollegen: „Weil das Geld nicht vorhanden ist.“ Der Schuldenschnitt sei zwar ein politisches Ansinnen, so der ÖVP-Politiker. „In Wahrheit würde er aber nicht allzu viel bringen, weil ja ohnehin bis 2020 oder noch länger keine Zinsen mehr gezahlt werden.“ In die gleiche Kerbe schlug Schellings deutscher Amtskollege, Wolfgang Schäuble (CDU) – und legte damit auch gleich die offizielle Position der deutschen Bundesregierung fest: „Die Verpflichtungen gelten“, mahnte er eindringlich. Berlin hatte schon in den vergangenen Jahren auf die Einhaltung der Reformbemühungen gepocht. Im Laufe des griechischen Wahlkampfs wurde Angela Merkel gar sinngemäß mit den Worten zitiert, Griechenland nicht um jeden Preis in der Eurozone halten zu wollen – was die Kanzlerin selbst kurz später dementierte. Aus Kreisen der deutschen Bundesregierung erfuhr „Die Presse“ allerdings, dass die Ansteckungsgefahr eines möglichen „Grexit“ für andere Schuldenstaaten derzeit in Berlin als minimal eingestuft wird. Würde man jetzt falsche Kompromisse mit Tsipras eingehen, so der Tenor, werde die Glaubwürdigkeit der Krisenpolitik insgesamt infrage gestellt.

Gespräche über Wunschliste

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker will mit der neuen Regierung indes über deren „Wunschliste“ an die Europäische Union reden. Einen Schuldenschnitt – den die Finanzminister gänzlich ablehnen – hält der Luxemburger aber für „keine dringliche Frage“, denn: „Im Moment habe ich das nicht auf dem Radarschirm. Aber wir reden noch mit den neuen griechischen Verantwortlichen.“ Zur Diskussion stehe eine Änderung bei der Zeitleiste für die Abgeltung der Schulden. An die Regeln und Vereinbarungen hätten sich aber alle zu halten, betonte auch Juncker.

Über die bereits angepeilte Verlängerung des Griechenland-Hilfsprogramms wollte die Euro-Gruppe gestern allerdings noch nicht entscheiden. Das Programm läuft seitens der Union Ende Februar aus, jenes des Internationalen Währungsfonds (IWF) geht noch bis zum Jahr 2016 weiter. Aus der EU-Hilfe sind noch 1,8 Milliarden Euro an Hilfsgeldern für Athen ausständig. Diskutiert wird auch über eine vorbeugende Kreditlinie von rund elf Milliarden Euro. Insgesamt haben EU und IWF bisher 240 Milliarden Euro an Hilfskrediten bereitgestellt. (ag./aga)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2015)

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