EU-Kommissionspräsident Juncker sieht kaum Chancen für eine rasche Einigung. London bereitet sich schon auf den Grexit vor.
Brüssel. Am morgigen Mittwoch werden die Euro-Finanzminister mit Griechenland über eine Lösung im Schuldenstreit beraten. Die Aussichten auf einen Durchbruch sind allerdings gering. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sieht kaum Chancen für eine rasche Einigung. Zu weit gehen die Vorstellungen auseinander. „Ich denke nicht, dass wir jetzt schon zu endgültigen Festlegungen kommen werden“, so Juncker. Er habe zwar Verständnis für die Position von Tsipras, der innenpolitische Übergänge schaffen müsse. Doch dürfe er nicht davon ausgehen, dass die Europartner das Programm seiner linken Syriza-Partei „ohne Abstriche“ übernehmen könnten.
Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will keiner weiteren Hilfe zustimmen, sollte sich Athen nicht an das vereinbarte Reformprogramm halten. „Ohne Programm ist es für Athen schwierig“, sagte Schäuble in Istanbul beim G20-Finanzministertreffen. Wenn Athen eine finanzielle Überbrückung von seinen europäischen Partnern wolle, „brauchen wir ein Programm“. Ihm sei nicht klar, wie das Land sonst weitermachen wolle: „Ich habe nicht verstanden, wie die griechische Regierung das stemmen will“, so Schäuble.
Wie ernst die Lage ist, wird in London deutlich. Die britische Regierung spielt bereits auf höchster Ebene die Folgen eines griechischen Euro-Austritts (Grexit) durch. Nach Angaben aus dem Finanzministerium nahm Premierminister David Cameron persönlich an einem Treffen mit Vertretern des Ministeriums und der Notenbank teil. Ein Sprecher Camerons sagte, die Vorbereitungen für einen möglichen Euro-Austritt Griechenlands seien verstärkt worden. Großbritannien müsse gewappnet sein.
An den Börsen wuchs am Montag die Furcht vor einem chaotischen Euroaustritt des Landes. Die europäischen Aktienmärkte reagierten auf den Streit mit deutlichen Kursverlusten. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2015)