Vĕra Jourová: „Datenschutz näher zum Bürger bringen“

(c) APA/EPA/JULIEN WARNAND (JULIEN WARNAND)
  • Drucken

EU-Justizkommissarin Vĕra Jourová möchte den Datenschutz in grenzüberschreitenden Fällen vereinfachen und sich für die Wahrung der Grundrechte bei einer neuen Datenschutzrichtlinie einsetzen.

Wien. Vĕra Jourová, Justizkommissarin der EU, will den Datenschutz näher zum Bürger bringen. Anlässlich ihres ersten Besuchs eines Mitgliedstaats in dieser Funktion sagte Jourová am Donnerstag in Wien, dass entgegen den Widerständen einzelner Länder und betroffener Unternehmen im März eine Lösung für die geplante Datenschutzverordnung gefunden werden sollte. Teil der Verordnung ist das Konzept des One-Stop-Shop: Wer sich in seinem Datenschutz durch ein Unternehmen in einem anderen Land verletzt fühlt, soll demnach bei der nationalen Datenschutzbehörde Beschwerde einlegen können.

Jourová verwies auf das Beispiel des Österreichers Max Schrems, der eine Initiative gegen den lockeren Umgang des Internet-Unternehmens Facebook mit persönlichen Daten gestartet hat. Statt am Sitz des Unternehmens in Irland könnte Schrems künftig bei der österreichischen Datenschutzbehörde seine Rechte geltend machen. Man dürfe nicht das Ziel aus den Augen verlieren, den Rechtsschutz zu vereinfachen, sagte Jourová.

Die aus Tschechien stammende Kommissarin will sich auch bei der Neufassung der Vorratsdatenspeicherung für einen hohen Schutzstandard einsetzen. Der EU-Gerichtshof hatte eine erste Richtlinie als einen zu weit gehenden Eingriff in die Privatsphäre aufgehoben. Die Neufassung fällt zwar nicht in Jourovás Zuständigkeit; sie will dabei aber als „Anwältin der Grundrechte“ in der Kommission fungieren.

Um EU-Staatsanwaltschaft bemüht

Ein weiterer Punkt auf ihrer Agenda ist die Europäische Staatsanwaltschaft, die dafür zuständig sein soll, den Missbrauch von EU-Geldern zu verfolgen. Um nicht, wie von manchen Ländern befürchtet, in die nationalen Strafverfolgungssysteme einzugreifen, wird sich die EU-Staatsanwaltschaft auf Vertreter der nationalen staatlichen Ankläger stützen, die ihr zuarbeiten sollen.

Jourová bekannte sich zum Konzept der neuen Kommission, sich um wirklich wichtige Angelegenheiten zu kümmern „und nicht um Staubsauger“ (deren maximale Leistungsfähigkeit im Interesse des Energiesparens zuletzt gedrosselt wurde). Wichtig ist ihr in diesem Sinn eine Vereinheitlichung des Onlinehandels: Bis Mitte des Jahres will sie einen Vorschlag ausarbeiten, mit dem die Vertragsbedingungen für Einkäufe im Internet harmonisiert werden sollen. Eine Stärkung für die Wirtschaft erwartet sich Jourová auch durch das geplante Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP).

Jourová ist außer für Justiz und Konsumentenschutz auch für Gleichbehandlung zuständig. Sie äußerte sich skeptisch zur Frage einer starren Frauenquote für Aufsichtsräte. Sie bevorzugt einen Vorrang des unterrepräsentierten Geschlechts, wenn zwei gleichwertige Bewerbungen für eine Stelle in einem börsenotierten Unternehmen vorliegen.

Nicht in ihre Zuständigkeit fällt die Frage des doppelten Parlamentssitzes in Straßburg und Brüssel, und doch hat sie dazu einen sehr klaren Standpunkt: Der regelmäßige Wechsel nach Straßburg sei eine Verschwendung von Geld, Zeit und Energie. „Das hat keinen Sinn.“ (kom)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.