Atomkraftwerk: Faymann protestierte bei Cameron

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In einem Brief an den britischen Premier fordert der Bundeskanzler eine Klarstellung über Drohungen aus London im aktuellen AKW-Streit.

Brüssel/Wien. Das Zusammentreffen von Bundeskanzler Werner Faymann und dem britischen Premierminister, David Cameron, am Rand des EU-Gipfels soll laut Augenzeugen diesmal „äußerst unterkühlt“ gewesen sein. Die bilateralen Beziehungen sind nach der angekündigten Klage der österreichischen Regierung gegen die Subventionierung des britischen Kernkraftwerks Hinkle Point C belastet. Cameron soll Faymann sogar mitgeteilt haben, er fühle sich von Österreich bedroht.

Drohungen kamen allerdings zuletzt auch von der britischen Seite. Faymann protestierte deshalb am Donnerstag in einem Brief, den er Cameron in Brüssel übergab, gegen die vom Generaldirektor für EU-Angelegenheiten im Londoner Außenministerium geäußerten Ankündigungen. Dieser hatte bei einem Treffen mit dem österreichischen Botschafter am 29.Jänner behauptet, nun werde London alles versuchen, die Regierung in Wien zu klagen und ihr dort zu schaden, wo es ihr innenpolitisch Probleme bereite.

Im Brief an Cameron fordert Faymann eine Klarstellung zu diesem Gespräch. „Ich wäre Ihnen für Aufklärung über die britische Position dankbar, insbesondere darüber, ob die vom EU-Generaldirektor dargelegte Position tatsächlich von Ihnen und Ihrer Regierung geteilt wird.“ Im Gespräch mit dem österreichischen Botschafter hatte der britische Regierungsvertreter unter anderem eine Klage gegen das österreichische System der Stromkennzeichnung (Herkunft der gelieferten Energie) angekündigt. Außerdem soll dafür gesorgt werden, dass Österreich in der EU einen höheren Anteil bei der Erreichung der Klimaziele übernehmen muss.

Klage gegen Wettbewerbsverzerrung

Die Regierung in London will für die Laufzeit von 35 Jahren einen hohen Abnahmepreis für den im Atomkraftwerk Hinkle Point C produzierten Strom garantieren. Der Garantiepreis liegt höher als der übliche Preis für erneuerbare Energiequellen und würde damit nach Ansicht Österreichs den Wettbewerb auf dem europäischen Energiemarkt verzerren. Seit einigen Wochen hat die britische Regierung eine diplomatische Offensive gestartet, um diese EuGH-Klage durch Österreich, der sich weitere EU-Mitgliedstaaten anschließen könnten, zu verhindern. Die Bundesregierung sieht in der staatlichen Hilfe für das AKW allerdings einen Präzedenzfall, der Nachahmer finden könnte. (wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2015)

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