Finanzen: Erste Schritte Richtung Kapitalmarktunion

EU Commissioner Hill addresses a news conference in Brussels
EU Commissioner Hill addresses a news conference in Brussels(c) REUTERS (FRANCOIS LENOIR)
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Kommissar Hill präsentiert Vorschläge zur Harmonisierung der europäischen Kapitalmärkte. Ziel: weniger Abhängigkeit von Banken.

Brüssel. Einer der augenfälligsten Unterschiede zwischen den Wirtschaftssystemen in Europa und den USA ist die Art und Weise, wie sich Unternehmen finanzieren. Während auf der anderen Seite des Atlantiks Firmen bevorzugt auf dem Finanzmarkt Kapital für Investitionen auftreiben, sind in der EU Banken der wichtigste Ansprechpartner. Seit dem Ausbruch der Eurokrise hat sich dieses Arrangement zu einem veritablen Handicap entwickelt, denn Banken, die in finanzielle Schieflage geraten sind, vergeben ungern Kredite – Investitionsschwäche ist die Folge.

Die EU-Kommission will nun die europäischen Finanzmärkte umkrempeln und – salopp formuliert – amerikanischer machen. Am gestrigen Mittwoch präsentierte der für die Agenda zuständige Kommissar, Jonathan Hill, ein Grünbuch zur Schaffung eines EU-Kapitalbinnenmarkts. Darin gibt die Brüsseler Behörde die grobe Marschrichtung vor – Rat, Europaparlament, Unternehmen und Interessenvertreter sind nun aufgefordert, bis Mitte Mai Vorschläge zur Umsetzung der Reform abzugeben. Auf Basis der erhaltenen Stellungnahmen wird die EU-Kommission bis zum Sommer einen Aktionsplan ausarbeiten. Ziel ist, die ersten konkreten Schritte Richtung Kapitalmarktunion bis 2019 zu setzen.

Viele technische Einzelmaßnahmen

Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es nach Ansicht der Brüsseler Behörde keines großen regulatorischen Wurfs, sondern vieler kleinerer (technischer) Einzelmaßnahmen. Dazu gehört beispielsweise eine Reform der Prospektrichtlinie – dabei geht es darum, Firmen die EU-weite Ausgabe von Wertpapieren zu erleichtern, indem Emissionsprospekte harmonisiert und vereinfacht werden. Mehr Möglichkeiten soll es in der EU in Hinkunft auch bei Verbriefungen geben – also der Art und Weise, in der Vermögenswerte (beispielsweise Hypothekarkredite) in handelbare Wertpapiere verwandelt werden. Und zu guter Letzt will Kommissar Hill dafür sorgen, dass Klein- und Mittelbetriebe mit Wagniskapital versorgt werden: Wäre die Venture-Capital-Branche in der EU so entwickelt wie in den USA, hätten europäische Firmen von 2008 bis 2013 zusätzlich 90 Milliarden Euro zur Verfügung gehabt. (la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2015)

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