Athen will Schuldenschnitt und stoppt Privatisierungen

(c) Bloomberg (Kostas Tsironis)
  • Drucken

Nach der Einigung mit den Europartnern stellt die Regierung alte Forderungen. Berlin findet das „nicht nachvollziehbar“.

Athen/Wien. Die Nachricht dürfte in Brüssel mit großem Unverständnis aufgenommen worden sein: Kaum ist eine Einigung Griechenlands mit den Europartnern über dringend nötige, weitere Finanzhilfen gelungen, kündigt die Regierung in Athen Vorhaben an, die dem akkordierten Programm zuwiderlaufen. So will Energieminister Panagiotis Lafazanis trotz anderslautender Zusagen die Privatisierung von zwei Staatsunternehmen stoppen. Wie der Minister der Zeitung „Ethnos“ sagte, werde weder bei dem Stromversorger PPC noch bei dem Netzbetreiber Admie der Verkauf vollzogen. Als Interessenten galten der chinesische Staatskonzern SGCC und der italienische Netzbetreiber Terna. „Die Unternehmen haben keine bindenden Gebote vorgelegt“, erklärte Lafazanis zum ursprünglich geplanten Verkauf von 66Prozent der Admie-Anteile. „Daher kommt es nicht zu einem Abschluss. Das Gleiche gilt für PPC.“

Lafazanis ist gemeinsam mit Finanzminister Yanis Varoufakis für die geplanten Privatisierungen zuständig. Letzterer ließ am gestrigen Mittwoch mit einer weiteren brisanten Aussage aufhorchen, die bereits im Wahlkampf für Aufregung gesorgt hatte: Im griechischen Rundfunk forderte er „Umschuldungen, die unsere Steuerlast deutlich senken“. Einen Schuldenschnitt haben die Europartner aber stets kategorisch ausgeschlossen. Prompt folgte deshalb eine harsche Absage aus Berlin: Wenn die griechische Regierung nun wieder die Frage eines Schuldenschnitts aufbringe, sei dies „deplatziert und nicht nachvollziehbar“, machte ein Sprecher des Finanzministeriums unmissverständlich klar. Auch der Stopp von Privatisierungen sei nichts, was die Regierung allein entscheiden könne.

„Bezahlung erst nach Erfüllung“

Erfüllt Athen die Vereinbarungen des laufenden Hilfsprogramms nicht, fließen aber auch keine Rettungsgelder. „Erst, wenn sie es voll erfüllt haben, wird bezahlt“, betonte der deutsche Finanzminister, Wolfgang Schäuble, gestern. Der Verlängerung des laufenden Hilfsprogramms um vier Monate müssen die Parlamente einiger Euroländer, darunter auch Deutschland, noch zustimmen. Die Entscheidung im Bundestag soll am Freitag fallen. Die Spitzen von Union und SPD erwarten zwar grünes Licht ihrer Fraktionen – doch vor allem bei den Christdemokraten wird mit einigen Abweichlern gerechnet.

Führende deutsche Koalitionspolitiker gehen davon aus, dass Griechenland ab Juli ein drittes Hilfsprogramm in Höhe von 20 Milliarden Euro benötigen wird. Varoufakis warnte gestern bereits vor Problemen bei der Rückzahlung von Raten an den IWF und die EZB im Frühjahr und Sommer. (ag./red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.