Die Griechen leeren wieder ihre Bankkonten

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Am Mittwoch wurden 300 Mio. Euro abgehoben. In Brüssel fordert Premier Alexis Tsipras zusätzliche Hilfsgelder.

Brüssel/Athen. 61,2 Prozent und 300 Millionen: Diese zwei aktuellen Zahlen illustrieren das Verhältnis Griechenlands zu Europa: Die Prozentzahl beziffert den Anteil der Griechen, die für den Verbleib ihres Landes in der Eurozone plädieren, der zweitgenannte Eurobetrag wiederum wurde am vergangenen Mittwoch von den Konten griechischer Banken abgehoben – vermutlich aus Angst vor einem bevorstehenden Ausscheiden aus der Währungsunion. Schätzungen zufolge hat das Bankensystem in Griechenland im Dezember und Jänner rund 16 Mrd. Euro verloren.

Vor dieser bedrohlichen Kulisse sucht Alexis Tsipras nach frischem Geld im europäischen Ausland. In der Nacht auf Freitag sollte der griechische Premier in Brüssel am Rande des EU-Gipfels mit Spitzenvertretern von EU-Kommission, Rat, Euro-Gruppe, EZB sowie mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem französischen Kollegen François Hollande über die Situation verhandeln. Griechenland wünscht sich von seinen Gläubigern zusätzliche Hilfsgelder – allerdings ohne die Spar- und Reformauflagen zu erfüllen, die die Geldgeber im Gegenzug von Athen verlangen. Am Vorabend des EU-Gipfels warf die Troika der internationalen Geldgeber, die in Athen die Einhaltung der griechischen Zusagen kontrollieren sollte, entnervt das Handtuch. Die Griechen hätten die Zusammenarbeit verweigert, hieß es. Folge: Merkel und Ratspräsident Donald Tusk dämpften im Vorfeld des Treffens die Hoffnungen. Es werde „keinen Durchbruch“ geben, sagte die Bundeskanzlerin.

„Vorsicht, Satire!“

In Deutschland stiftete indes der Unterhalter Jan Böhmermann kurzfristig Verwirrung: Der Moderator einer satirischen TV-Sendung erklärte nämlich, er habe das Video gefälscht, in dem der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis bei einer Konferenz in Zagreb 2013 Deutschland den Mittelfinger zeigte und das in der ARD-Talkshow von Günther Jauch am Sonntag gezeigt wurde. Hintergrund: Varoufakis selbst hatte zunächst gegenüber Jauch behauptet, das Video sei manipuliert und die obszöne Geste hineinmontiert worden. Später relativierte er seine Aussage. Böhmermann habe die Debatte satirisch zugespitzt, erklärte sein Arbeitgeber, das ZDF. Man erwäge, künftige Beiträge des Moderators mit dem Hinweis „Vorsicht, Satire!“ zu versehen. (ag./la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.03.2015)

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