Kiews Weg voller „Hürden und Opfer“

European Council President Tusk, European Commission President Juncker and Ukrainian President Poroshenko react during a news conference after their meeting in Kiev
European Council President Tusk, European Commission President Juncker and Ukrainian President Poroshenko react during a news conference after their meeting in Kiev(c) REUTERS (GLEB GARANICH)
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EU-Ratspräsident Donald Tusk ermahnte die ukrainische Regierung, an ihren Reformvorhaben festzuhalten. Einer EU-Militärmission erteilte er eine Absage.

Von Präsident Petro Poroschenko als „großer Freund der Ukraine“ vorgestellt, setzte EU-Ratspräsident Donald Tusk selbst noch eins drauf. Er sprach am gestrigen EU/Ukraine-Gipfel im Kiewer Präsidentenamt minutenlang Ukrainisch. „Reformen sind die beste Antwort auf den Aggressor und die beste Art, die Helden zu ehren“, sagte Tusk. Als „ein Zeichen des Fortschritts“ deutete seinerseits Präsident Poroschenko angetan die Ukrainisch-Kenntnisse des Ratspräsidenten und hoffte, dass seine Landessprache einmal eine offizielle Sprache in der EU werde – und sein Land damit Mitglied der Union.

Betont herzlich war der Umgang zwischen den Vertretern Kiews und Brüssels auf diesem ersten Gipfel seit der Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens im Vorjahr. Doch Tusk und der mit ihm nach Kiew gereiste Kommissionspräsident, Jean-Claude Juncker, hatten neben vielen freundlichen Worten auch durchaus harte Botschaften im Gepäck dabei.

Deutliche Worte setzte es etwa bezüglich des Reformkurses. Brüssel ist mit der Geschwindigkeit der Maßnahmen nicht besonders zufrieden, insbesondere was die Justizreform und Anti-Korruptionsmaßnahmen betrifft. „Es sind viele Hürden zu nehmen und Opfer zu erbringen“, so Tusk. „Das sind schmerzhafte Prozesse, aber es gibt keine bessere Alternative.“

Wieder Kämpfe im Donbass

Ihrerseits hat die Ukraine eine lange Wunschliste an Brüssel. Die Regierung wünscht sich eine internationale Militärmission für den Osten der Ukraine, eine baldige Befreiung von der EU-Visapflicht für ukrainische Bürger, und natürlich, wie gestern mehrmals wiederholt, die EU-Mitgliedschaft. Eine Militärmission habe man in Europa noch nicht diskutiert, entgegneten die Vertreter Brüssels, die sich für die Erfüllung des Minsker Abkommens aussprachen. Tusk rief Moskau deutlich zum Abzug des „russischen Militärs und der Waffen“ auf. In den vergangenen Tagen sind die Kämpfe an neuralgischen Punkten wieder neu entflammt. Für Europa kommt derzeit höchstens eine Stärkung der OSZE-Beobachtermission infrage. Die im Donbass stationierten OSZE-Mitarbeiter haben immer wieder Schwierigkeiten, ihre Mission effektiv zu erfüllen. Erst vor ein paar Tagen explodierte ein Mörsergeschoss nur 30Meter entfernt von einer Beobachtergruppe bei Awdeewka. Derzeit sind 430 Beobachter in der Ukraine, ihr Kontingent soll auf 1000 erhöht werden. Doch die Mobilisierung durch die OSZE-Mitgliedstaaten geht nur langsam vor sich.

Nur in einem Punkt waren die Brüsseler Abgesandten überraschend deutlich. Die Freihandelszone zwischen Kiew und Brüssel werde wie geplant am 1.Jänner 2016 in Kraft treten. Aus Rücksicht auf Moskau hatte Brüssel das Freihandelsabkommen zunächst ausgesetzt. Gestern sagte Juncker in Kiew, es sei „keine gute Idee, das immer weiter zu verschieben“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.04.2015)

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