Vorschläge an Cameron für „besseren Deal“ mit Brüssel

David Cameron Wins 2015 U.K. Election
David Cameron Wins 2015 U.K. Election(c) Bloomberg (Jason Alden)
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Thinktank Open Europe listet 30 Punkte auf. Cameron will die Briten in zwei Jahren über den Verbleib in der Union abstimmen lassen.

Straßburg/London. Seit David Cameron die britische Unterhauswahl fulminant für sich entschieden hat, wartet man nicht nur in Brüssel gespannt darauf, mit welchen Reformvorschlägen der Premierminister in die Verhandlungen über die Neuordnung der Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU gehen will. Cameron will die Briten in spätestens zwei Jahren über den Verbleib ihres Landes in der Union abstimmen lassen – und bis dahin einen besseren Deal mit Brüssel fixieren. Erwartet wird, dass er seine Karten beim EU-Gipfel Ende Juni auf den Tisch legt.

Doch bevor es soweit ist, haben sich die Experten der (mild europaskeptischen) britischen Ideenschmiede Open Europe ihre Gedanken zu dem Thema gemacht und am Dienstag einen EU-Reformindex präsentiert. Aus der Vielzahl der Vorschläge, die Cameron bereits artikuliert hat bzw. die in Kreisen der regierenden Tories kursieren, hat der Thinktank eine 30 Punkte umfassende Tabelle erstellt und die darin enthaltenen Postulate nach Plausibilität, Umsetzbarkeit und Wichtigkeit für alle Beteiligten (Tories, britische Wirtschaft und Öffentlichkeit) gereiht. Herausgekommen ist eine Art Spickzettel für Cameron, anhand dessen der Premierminister „die unterschiedlichen Interessen abwägen“ sollte, wie es Raoul Ruparel von Open Europe formuliert.

Als vielversprechend (und wenig umstritten) erachten die Studienautoren zwei wirtschaftliche Anliegen: der forcierte Abschluss von Freihandelsabkommen (allen voran mit den USA) sowie die Liberalisierung der EU-Dienstleistungsmärkte – eine Maßnahme, von der die auf (Finanz-)Dienstleistungen fokussierte britische Wirtschaft überdurchschnittlich profitieren würde. Ein weiteres Anliegen ist die Reform der EU-Richtlinien zur Arbeitszeit und der Entsendung von Facharbeitern. Spannend wird es beim Thema Personenfreizügigkeit – in Großbritannien ungeliebt, in Brüssel als nicht verhandelbar erachtet. In zwei Teilbereichen sehen die Studienautoren eine Chance auf eine restriktivere Handhabe: bei der Auszahlung der Kinderbeihilfe im EU-Ausland (ein Vorwurf der britischen EU-Gegner lautet, Gastarbeiter aus Osteuropa würden Zuschüsse für in der Heimat gebliebene Angehörige kassieren) sowie in der Frage, ob man Migranten aus dem EU-Ausland nach sechs Monaten Arbeitslosigkeit hinauskomplimentieren darf.

Stärkung des Parlaments

Den Wunsch nach einer generellen „Notbremse“ bei der Zuwanderung hält Open Europe für relativ realitätsfern. Und die geringsten Chancen auf Umsetzung sehen die Autoren in einer generellen Befugnis für das House of Commons, jede künftige EU-Gesetzesinitiative ablehnen zu können. Eine generelle Stärkung der nationalen Parlamente gegenüber den Brüsseler Gesetzgebern hält Open Europe allerdings für durchaus realistisch – ebenso wie eine legislative Notbremse für Nichtmitglieder der Eurozone, die greifen soll, wenn in der Währungsunion beschlossene Maßnahmen das Gesamtgefüge des Binnenmarkts destabilisieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.05.2015)

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