Der britische Premier kündigte den Beginn von Verhandlungen über die britische EU-Mitgliedschaft an, aber die Partner zeigen wenig Bereitschaft.
Riga. Kein guter Start. David Cameron versuchte, den EU-Gipfel zur Östlichen Partnerschaft in Riga als Auftakt für seine Bestrebungen zur Neuverhandlung der britischen Mitgliedschaft zu nutzen. Nicht geschickt war das, weil sein Hauptanliegen, die Beschränkung der Freizügigkeit, vor allem osteuropäische Länder treffen würde, die in Riga engagiert auftraten und eigentlich außenpolitische Themen forcieren wollten. „Heute werde ich ernsthaft die Gespräche mit meinen Kollegen über die Reform der EU und die Neuverhandlung der Beziehungen des Vereinten Königreichs mit ihr beginnen“, kündigte Cameron an. Doch die EU-Partner zeigten ihm die kalte Schulter. „Das ist kein Treffen, das Großbritanniens Mitgliedschaft betrifft“, stellte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker mit Sarkasmus fest. „Och, ich glaube nicht, dass das Thema dieses Abends ist“, sagte Frankreichs Präsident François Hollande. Und die irische Europaministerin Dara Murphy meinte etwas verärgert, die Briten sollten erst einmal klar sagen, was sie überhaupt wollen. Dann könne man entscheiden, ob überhaupt eine EU-Vertragsänderung nötig sei.
Cameron nutzte dennoch seine Pressekonferenz in Riga dafür, seine Initiativen anzukündigen. Er will einen „besseren Deal“ für Großbritannien. Kommende Woche werde er in Einzelgesprächen mit EU-Spitzenpolitikern eine Reform der EU besprechen. Juncker wird nach London kommen. Am Donnerstag will Cameron in Paris mit Hollande und am Freitag mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel in Berlin zusammentreffen.
Bei seiner Kernforderung, der Reduzierung der Zuwanderung aus der EU und Einschränkungen für EU-Bürger bei der britischen Sozialversicherung, stößt Cameron bereits jetzt auf deutlichen Widerstand. Diese britischen Fragen seien „heikel für alle, aber die Personenfreizügigkeit ist ein Kernwert der Europäischen Union“, sagte die litauische Staatspräsidentin Dalia Grybauskaite am Freitag in Riga. „Für alle, die der Europäischen Union beitreten, ist die Personenfreizügigkeit der Kern.“ Auch Merkel hatte bereits neue Sonderregeln zur Freizügigkeit ausgeschlossen. Denn diese sei „so grundlegend“ mit dem europäischen Gedanken verbunden.
Juncker hatte zwar Cameron nach dessen Wiederwahl einen „fairen Deal“ zugesichert. In der Sache Freizügigkeit sieht aber auch er keinen Verhandlungsspielraum. Grundprinzipien der EU seien eben nicht verhandelbar, teilte er dem britischen Premier bereits vor Wochen mit.
Die Verhandlungen für Cameron werden auch deshalb schwierig, weil sein Land bereist über zahlreiche Ausnahmeregeln verfügt. Es muss wegen des von Margaret Thatcher durchgesetzten Rabatts weniger als andere in das EU-Budget einzahlen, kann bei der gemeinsamen Politik zur inneren Sicherheit nach Belieben mitmachen. Es nimmt weder am Euro noch an Schengen teil. Wegen des britischen Vetos konnten zudem wichtige neue Regeln wie der Fiskalpakt nicht in den EU-Vertrag übernommen werden. Bei vielen sei die Flexibilität gegenüber London bereits ausgereizt, heißt es in Brüssel. (ag./wb)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.05.2015)