EU-Klage gegen deutsche Maut ist fix

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Minister Stöger fühlt sich durch die Ankündigung der EU-Kommission bestätigt. Österreich könnte sich am Verfahren beteiligen.

Brüssel/Wien. Verkehrsminister Alois Stöger (SPÖ) zeigte sich am Montag über die angekündigte Einleitung eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland erleichtert. Damit, so hieß es aus seinem Büro, sei die Linie Österreichs gegen eine Maut, die ausschließlich von Ausländern finanziert werden soll, bestätigt. Noch werde geprüft, ob sich Österreich an dem Verfahren beteiligt.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat die Klage in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“ angekündigt. Er wies darauf hin, dass die zeitgleiche Einführung der Maut und die automatische Refundierung der Mautkosten für deutsche Autohalter über die KFZ-Steuer dem Diskriminierungsverbot im EU-Vertrag widersprächen. Das Gesetz wäre somit nicht vertragskonform. „Wir haben erhebliche Zweifel, dass dies im endgültigen Text gelungen ist. Diese Zweifel muss die Kommission als Hüterin der Verträge nun in einem Vertragsverletzungsverfahren klären, wenn nötig vor dem Europäischen Gerichtshof.“ Die EU-Kommission will nur noch die Unterzeichnung des vom Bundestag und Bundesrat bereits angenommenen Gesetzes durch Präsident Joachim Gauck abwarten, hieß es am Montag.

Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Europaparlament, Michael Cramer, hat Gauck bereits aufgefordert, die Unterschrift unter das Gesetz zu verweigern. Die zuständige EU-Kommissarin, Valentina Bulc, habe „sich wiederholt negativ zur deutschen Maut geäußert und Dobrindt mehrfach wegen der Europarechtswidrigkeit der Maut gewarnt“, sagte Cramer gegenüber der „Osnabrücker Zeitung“.

Verfahren beschleunigt

Eine Klage der EU-Kommission gegen die ab 1. Jänner 2016 geplante Maut würde das Verfahren deutlich beschleunigen. Auch Österreich hätte eine Klage einreichen können – allerdings erst nach einer Übergangsfrist. In diesem Fall hätte das Verfahren laut dem Europarechtsexperten Walter Obwexer bis zu zweieinhalb Jahre gedauert. So lang hätte Deutschland die Maut einheben können.

Im Fall einer erfolgreichen Anfechtung der Gesetze rechnet Obwexer nicht damit, dass Deutschland vollständig auf die Einhebung verzichtet. Eher wäre es gezwungen, die Refundierung der Maut über die Kfz-Steuer für deutsche Pkw-Besitzer neu zu gestalten. Derzeit erhalten die Betreiber von großen Fahrzeugen mehr Steuer zurück als jene, die einen sparsamen Kleinwagen nutzen. Würde beispielsweise die Refundierung an ökologische Kriterien gebunden, könnte nicht mehr von einer Entlastung in gleicher Höhe der Maut gesprochen werden. Die Gesetze wären dann mit EU-Recht vereinbar.

Deutschlands Verkehrsminister Alexander Dobrindt hält allerdings am Wahlversprechen seiner CSU fest, eine Maut einzuführen, die deutsche Autofahrer zur Gänze refundiert bekommen. Das Gesetz sei EU-rechtskonform, teilte er am Montag mit. (ag./wb)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.06.2015)

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