Griechenland verärgert seine Geldgeber

Premier Alexis Tsipras pocht auf einen Schuldenschnitt und lehnt die jüngsten Reformauflagen der Gläubiger als »absurd« ab.

Athen/Brüssel. Die griechische Regierung verspielt mit ihrer Verzögerungstaktik im Reformstreit ihren letzten Kredit bei den Geldgebern. „Die ideologische Verbohrtheit eines Teils der griechischen Regierung ist ärgerlich“, sagte EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) am Samstag.

Am Vorabend hatte Regierungschef Alexis Tsipras den jüngsten Kompromissvorschlag der Gläubiger als „absurd“ verworfen. Die Geldgeber verlangen unter anderem Pensionskürzungen im Umfang von einem Prozent der Wirtschaftsleistung. In einer Rede vor dem Parlament in Athen forderte Tsipras ein „Ende der Sparauflagen in Kombination mit einem Schuldenschnitt“. Griechenland muss diesen Monat 1,6 Milliarden Euro an den IWF überweisen, an die EZB im Juli und im August insgesamt 6,7 Milliarden Euro. Das laufende, zweite Rettungspaket endet Ende Juni. Die Auszahlung der letzten Tranche in Höhe von 7,2 Milliarden Euro ist an konkrete Reformzusagen geknüpft.

Tsipras steht aber nicht nur vonseiten der Geldgeber unter Druck. Macht Tsipras Zugeständnisse an die Geldgeber, droht er die Unterstützung des radikalen Flügels seiner Linkspartei zu verlieren. Mehrere prominente Mitglieder seiner Partei Syriza fordern Neuwahlen, die zugleich als Zustimmung der Bevölkerung zu einem Euro-austritt (Grexit) zu werten wäre. Aktuelle Umfragen geben Syriza gute Chancen in so einem Fall.

Finanzminister Yanis Varoufakis hat indes die gleiche Behandlung für sein Land gefordert, wie sie anderen europäischen Krisenländern zuteil wurde. „Griechenland hat sich zu drei bis vier Mal so hohen Sparmaßnahmen verpflichtet“, sagte Varoufakis.

Eine neue Wendung in die Griechenland-Krise, die auch beim heute, Sonntag, beginnenden G7-Gipfel in Elmau zur Sprache kommen wird, könnte Russland bringen. Tsipras telefonierte am Freitag mit Präsident Wladimir Putin. Dieser hat einen Milliardenkredit in Aussicht stellt, wenn die Gaspipeline Turkish Stream über griechisches Territorium gebaut wird. Die beiden Politiker wollen in zwei Wochen in St. Petersburg weiter darüber reden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.06.2015)

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