Drei Fronten gegen Griechenland

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GREECE STATE TV REOPENING(c) APA/EPA/SIMELA PANTZARTZI (SIMELA PANTZARTZI)
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Nettozahler, Südeuropäer, neue EU-Mitglieder – die Gegner weitreichender Zugeständnisse an Athen haben unterschiedliche Motive.

Brüssel. Auf die Gefahr einer Wiederholung hin: Für Griechenland sieht es dieser Tage nicht gut aus. Noch eine knappe Woche Zeit bleibt der Links-rechts-Regierung in Athen, um sich mit den internationalen Geldgebern auf eine Lösung zu einigen, die den Griechen die Schmach eines Staatsbankrotts – und womöglich des unfreiwilligen Austritts aus der Eurozone – ersparen würde. Am kommenden Donnerstag treffen die Finanzminister der Eurozone in Luxemburg zu ihrem planmäßigen Treffen zusammen – und im Gegensatz zu den vielen bisher folgenlos verstrichenen Stichtagen gibt es diesmal keinen Zweifel daran, dass der 18. Juni eine echte Deadline wird: Am 30. Juni muss Griechenland dem Währungsfonds eineinhalb Milliarden Euro zurückzahlen, am selben Tag endet auch das laufende internationale Hilfsprogramm für das Land.

Seit der Linkspopulist Alexis Tsipras am 25. Jänner die Parlamentswahl mit dem Versprechen gewonnen hatte, er werde der Troika der internationalen Geldgeber (EU-Kommission, IWF und EZB) den Garaus machen und das Sparprogramm beenden, ist so viel Porzellan zerschlagen worden, dass die Verhandler mittlerweile knietief in Scherben waten. Während in Athen die Hinterbänkler der Regierungspartei Syriza jedes noch so kleine Zugeständnis an die Geldgeber als Hochverrat werten, ist der Ärger in den anderen EU-Hauptstädten mit Händen greifbar. Am Vorabend der Entscheidung über die Zukunft Griechenlands sind Tsipras und sein Finanzminister, Yanis Varoufakis, isoliert.

In ihrer Ablehnung weitreichender Zugeständnisse an Griechenland lassen sich die Mitgliedstaaten der Union in drei Gruppen einteilen. Da wäre zum einen die Südflanke der EU – also Spanien, Portugal und Italien, die auch Vorbehalte gegen Sparvorgaben aus Nordeuropa haben und Erfahrungen mit der Krise machen mussten. Die Hoffnung Athens, man werde im Süden natürliche Verbündete finden, haben sich allerdings zerschlagen – Spanier und Portugiesen wollen partout nicht einsehen, warum die Griechen bevorzugt behandelt werden sollten, während sie sparen und sanieren mussten. In Rom wiederum will man mit Berlin und Paris auf Augenhöhe verhandeln und nicht auf das griechische Niveau absinken.

Deutsche wollen den Grexit

Der zweite Block schart sich um Deutschland und besteht auf der Einhaltung von Reformversprechen und auf weiteren Maßnahmen zur Sanierung des griechischen Haushalts. Zwar beteuert Bundeskanzlerin Angela Merkel pausenlos, sie wolle Griechenland in der Eurozone halten, doch die Mehrheit der Deutschen hat sie damit nicht hinter sich. Wie das am gestrigen Freitag veröffentlichte ZDF-Politbarometer ergab, sprechen sich 51 Prozent der Deutschen für den Euro-Austritt Griechenlands und lediglich 41 Prozent gegen den Grexit aus. 70 Prozent der Befragten lehnten weitere Zugeständnisse an Athen kategorisch ab. Angesichts dieser Stimmungslage erscheinen Tsipras' Forderungen nach einer Umstrukturierung der griechischen Schulden zusehends realitätsfern.

Apropos Schuldenschnitt: Die dritte Front gegen Griechenland verläuft im Osten der EU – beispielsweise in der Slowakei, wo Premierminister Robert Fico mit einem Referendum droht, sollten die griechischen Verbindlichkeiten restrukturiert werden. Der slowakische Beitrag zur Rettung Griechenlands beläuft sich auf 1,1 Mrd. Euro. Er werde jenen slowakischen Pensionisten, die „250 bis 300 Euro“ erhalten, wegen Griechenlands keine Belastungen zumuten, sagte Fico unlängst. Slowenien wiederum ist mit 1,55 Mrd. Euro am Hilfsprogramm beteiligt, was rund drei Prozent des BIPs entspricht – „und dabei ist die Hälfte meines eigenen Landes weniger entwickelt als Griechenland“, beklagte sich der slowenische Regierungschef Miro Cerar vor wenigen Tagen.

In Brüssel wurde indes erstmals über die Folgen einer Pleite Griechenlands diskutiert. Am Donnerstag sprachen hochrangige Vertreter der Euroländer über mögliche Folgen eines Zahlungsausfalles. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters gehen die europäischen Diplomaten nicht mehr davon aus, dass eine Vereinbarung mit Athen noch in den kommenden Tagen erreicht werden könne. Und falls doch? Kurzfristig stünden Griechenland 7,2 Mrd. Euro aus dem laufenden Hilfsprogramm sowie knapp elf Mrd. Euro aus einem Bankenrettungsfonds zur Verfügung. Wie lang dieses Geld reichen würde, ist offen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2015)

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