EU/USA-Beziehungen. Keine anderen Wirtschaftsblöcke sind so eng vernetzt wie die EU und die USA.
Ein ähnliches Wirtschaftssystem, ähnliche demokratische Traditionen und kulturelle Ähnlichkeiten machen die EU und die USA zu natürlichen Partnern. Doch die Brüderlichkeit hört dort auf, wo es um wichtige ökonomische Interessen und strategische Unterschiede geht. Die EU und die USA sind die am engsten vernetzten Wirtschaftsblöcke der Welt. Und das auch ohne gemeinsames Investitions- und Handelsabkommen (TTIP), das derzeit verhandelt wird. Gemeinsam schaffen sie über die Hälfte der weltweiten Wirtschaftsleistung. Zusammen dominieren sie rund ein Drittel des globalen Handels mit Gütern und 42 Prozent mit Dienstleistungen.
Seit der „Transatlantischen Erklärung“ 1990 gibt es regelmäßige Treffen der politischen Führung beider Blöcke. Pro Jahr findet mindest ein Gipfeltreffen statt, an dem der US-Präsident und die höchsten Repräsentanten der EU-Institutionen teilnehmen.
Das Verhältnis der einzelnen EU-Mitgliedstaaten zu den USA ist allerdings unterschiedlich. So sind die Bande zwischen Washington und London traditionell sehr eng, jene zwischen Washington und Paris hingegen eher lose. Die USA haben das Nachkriegseuropa deutlich mitgeprägt. Sie hatten dabei stets auch ihre Interessen eingebracht. Durch die enge militärische Zusammenarbeit in der Nato sind 22 EU-Mitgliedstaaten mit den USA auch sicherheitspolitisch verbunden.
Dennoch gibt es abweichende Interessen. So haben sich nicht alle EU-Mitgliedstaaten am Krieg gegen den Irak 2003 beteiligt, Deutschland und Frankreich weigerten sich, Soldaten zu entsenden. Auch beim Afghanistan-Einsatz der US-Streitkräfte hielt sich die Kooperation mit europäischen Ländern in engen Grenzen. Der Ruf zu Solidarität im Sinn Washingtons wird immer öfter überhört.
Vertreter der US-Regierung betonen zwar stets, dass sie die Zusammenarbeit der europäischen Staaten in der Europäischen Union befürworten, konkret geht ihnen diese Kooperation aber dann manchmal zu weit. Kurz vor der Jahrtausendwende versuchten sie, die Gründung einer eigenen europäischen Währung zaghaft zu torpedieren. Sie sahen darin eine Konkurrenz zum bis dahin weltweit dominierenden Dollar. Auch eine enge sicherheitspolitische Zusammenarbeit der EU-Länder wird jenseits des Atlantiks mit Skepsis gesehen. Sie wird nur dann akzeptiert, wenn die Nato eingebunden ist.
Eine Einflussnahme auf die europäische Politik hat Washington nie aufgegeben. Gerade in sicherheitspolitischen Fragen wie zuletzt in der Ukraine wurde die enge Zusammenarbeit gesucht. Aber auch wirtschaftlich versuchen die USA ihre Interessen durchzusetzen. Die Lobbyingbüros von US-Konzernen in Brüssel treten massiv in Erscheinung. Sie intervenieren gegen zu strenge Datenschutzbestimmungen genauso wie für ihre Agrar- und Saatgutprodukte. (red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2015)