Deutscher Bundestag winkt Griechenland-Hilfspaket durch

GERMANY PARLIAMENT GREECE BAILOUT
GERMANY PARLIAMENT GREECE BAILOUTAPA/EPA/BERND VON JUTRCZENKA
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Von den 598 Abgeordneten stimmten 439 mit Ja zu einem Mandat um über weitere Hilfskredite von bis zu 86 Milliarden Euro zu verhandeln.

Nach dem österreichischen Nationalrat hat am Freitag auch der Deutsche Bundestag grünes Licht für Verhandlungen über ein drittes Griechenland-Hilfspaket der Eurozone gegeben. Von den 598 Abgeordneten, die ihre Stimme abgegeben hatten, stimmten 439 mit Ja, wie Bundestagspräsident Norbert Lammert nach der Sondersitzung in Berlin mitteilte. 119 stimmten gegen den Antrag der Bundesregierung, 40 enthielten sich.

Damit erteilte der Bundestag der Regierung ein Mandat, im Kreis der Euro-Länder über die detaillierten Reformauflagen für weitere Hilfskredite von bis zu 86 Milliarden Euro zu verhandeln. Über das Ergebnis muss der Bundestag erneut abstimmen. Damit wird frühestens in einigen Wochen gerechnet.

Merkel warnte vor "Chaos und Gewalt"

Bis dahin wird das akut von der Staatspleite bedrohte Land mit einer Brückenfinanzierung über Wasser gehalten, der die Abgeordneten ebenfalls zustimmten. Vorausgegangen war eine hitzige Debatte. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte vor "Chaos und Gewalt" in griechischen Städten. Sie griff in der Bundestagsdebatte auch zum bildlichen Vergleich, dass man sich "nur mal für einen Moment" vorstellen solle, dass in Deutschland Rentner verzweifelt versuchten, ihr Geld bei den Banken ausgezahlt zu bekommen. Deshalb dürfe die europäische Gemeinschaft Griechenland jetzt im Stich lassen. "Auf Dauer geht es Deutschland nur gut, wenn es Europa gut geht. Und zwar allen in Europa", fügte Merkel hinzu."Wir würden grob fahrlässig, ja unverantwortlich handeln, wenn wir diesen Weg nicht wenigstens versuchen würden", sagte Merkel am Freitag in einer Sondersitzung des Parlaments.

Griechenland erfahre eine nie gekannte europäische Solidarität, sagte die CDU-Chefin weiter. Dem stünden auf griechischer Seite aber auch nie gekannte Eigenleistungen in Form struktureller Reformen etwa bei Renten, Steuern und Verwaltung gegenüber.

"Schäuble-Weg nicht gangbar"

Mit Blick auf entsprechende Überlegungen von Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte Merkel, ein zeitweises Ausscheiden Griechenlands aus dem Euro wäre nicht gegen den Willen des Landes möglich gewesen. Weder Griechenland noch die anderen Euro-Länder seien dazu bereit gewesen. "Deshalb war dieser Weg nicht gangbar", sagte Merkel.

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warb im Bundestag für die Aufnahme von Verhandlungen über ein drittes Hilfspaket für Griechenland. "Es ist ein letzter Versuch, um diese außergewöhnlich schwierige Aufgabe zu erfüllen", sagt er. Es komme nun aber vor allem auch darauf an, dass Griechenland verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinne.

Griechenland müsse unter den Bedingungen der Eurozone wettbewerbsfähig werden. Das erfordere die Umsetzung grundlegender Reformen. Daher stünden schwierige Verhandlungen in den nächsten Wochen bevor. "Wir glauben, dass die Chance besteht, dass wir diese Verhandlungen zu einem erfolgreichen Abschluss bringen können", sagte Schäuble.

Koalition mit klarer Zustimmung

Unterstützung gab es für die Bundeskanzlerin durch den Koalitionspartner. Der deutsche SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte eine klare Zustimmung der Sozialdemokraten zu neuen Verhandlungen über Finanzhilfen für Griechenland angekündigt und ein Ende der Debatte über einen Abschied Griechenlands vom Euro gefordert.

Die Opposition hatte der Regierung vorgeworfen, durch ihr Verhalten in der Griechenland-Krise die europäische Einigung aufs Spiel zu setzen. "Sie sind dabei, die europäische Idee zu zerstören", warf Linken-Fraktionschef Gregor Gysi Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Freitag vor.  Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sagte in der Debatte zur Rolle Deutschlands: "Wir tragen zur Schwäche Europas bei in einer Zeit, in der wir stark sein müssen." Es dürfe kein Europa geben, in dem der Stärkere gegen den Schwächeren stehe.

(APA/Reuters)

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