Griechenland: Nächste Zerreißprobe für Syriza steht bevor

(c) Bloomberg (Yorgos Karahalis)
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Am Mittwoch wird in Griechenland über weitere Sparmaßnahmen abgestimmt. Die Gegensätze in der linksradikalen Regierungspartei vergrößern sich.

Die Tage bleiben spannend für Alexis Tsipras: Kurz vor dem Votum über ein weiteres, von den Geldgebern gefordertes Reformpaket im griechischen Parlament werden die Auseinandersetzungen innerhalb seines radikalen Linksbündnisses Syriza immer heftiger; eine Spaltung scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Die Gegensätze sind fundamental: Während die Parteispitze um Tsipras erkannt hat, dass der Ausstieg aus dem Euro katastrophal für die ärmeren Schichten des Landes wäre, wirbt die Linke Plattform um den Ex-Industrie- und -Energieminister Panagiotis Lafazanis immer unverhüllter für die Wiedereinführung der Drachme als einzige Alternative zur Austeritätspolitik.

Vor der heutigen Abstimmung, in der es um den zweiten Teil jener Maßnahmen geht, die Voraussetzung für die Verhandlungen um ein drittes Griechenland-Rettungspaket sind, versucht die innerparteiliche Opposition in der Syriza-Parlamentsfraktion, ihre Kräfte zu halten und auszubauen. Von 149 Syriza-Abgeordneten haben letzte Woche 32 gegen die Regierung gestimmt, sieben haben sich der Stimme enthalten oder waren dem Parlament ferngeblieben. Ministerpräsident Alexis Tsipras versucht hingegen, die Verluste bei der Abstimmung so gering wie möglich zu halten.

Bilanz wird erst nach dieser zweiten Abstimmung gezogen, dann dürfte auch die Entscheidung fallen, ob und wann Neuwahlen anstehen. Tsipras verfügt zwar über die Mehrheit der Abgeordneten, innerhalb des Zentralkomitees der Partei hat er sie aber offensichtlich verloren. Auch die Parteijugend hat Stellung gegen die Parteispitze bezogen und fordert die Einberufung des Zentralkomitees und eines außerordentlichen Parteitags.

Die gemäßigten Oppositionsparteien, das heißt Konservative und linkes Zentrum, warnten vor Neuwahlen. Das wäre „tödlich“ für Griechenlands Wirtschaft.
Die am Mittwoch anstehenden Regelungen betreffen eine Reform der Zivilprozessordnung und die Umsetzung der europäischen Richtlinie zur Bankenabwicklung (BRRD). Dies sind nach Aussage der neuen Regierungssprecherin, Olga Gerovasili, die Voraussetzungen für die Aufnahme von Verhandlungen mit den Gläubigern, die bis 20. August abgeschlossen werden sollen. Regelungen über eine erhöhte Besteuerung der Bauern wurden nach Protesten aus allen Parteien zurückgezogen – gehörten aber nie zu den Vorbedingungen der Gläubiger. Pensionsregelungen wurden in Abstimmung mit den EU-Institutionen verschoben.

Umstritten bei der Änderung der Zivilprozessordnung ist die neue Möglichkeit, das Erstangebot bei Hausversteigerungen nach dem Marktwert einer Immobilie zu richten. Versteigerungen wurden zuvor mit einem staatlich festgelegten, „objektiven“ Anfangspreis an den Mann gebracht. Die Regierung versicherte, dass vor Anwendung des Gesetzes ab 2016 ein Versteigerungsverbot für Erstwohnsitze erlassen werden soll. Das alte, nun schon fünf Jahre andauernde Katz-und-Maus-Spiel der griechischen Regierungen um die Unterhöhlung von Maßnahmen, die die Gläubiger vorgeschrieben haben, hat also, nach sechsmonatiger Unterbrechung, wieder begonnen.

Fünf Millionen flossen von Konten ab

Die Bankenrichtlinie wiederum muss auf Wunsch der Gläubiger bereits vor dem Ablauf der Umsetzungsfrist Ende des Jahres umgesetzt werden. Wie die griechischen Medien berichten, will die EZB den jährlichen Stresstest im Fall der griechischen Banken vorziehen, um sich ein Bild von deren Zustand nach Einführung der Kapitalkontrollen zu machen. Nach Daten der griechischen Zentralbank flossen im Juni, also kurz vor Verhängung der Kapitalkontrollen, etwa fünf Millionen Euro von Griechenlands Bankkonten ab.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2015)

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