Griechisches Parlament billigt zweites Reformpaket

Griechenland: Parlament billigt zweites Reformpaket
Griechenland: Parlament billigt zweites Reformpaket(c) APA/EPA/Yannis Kolesidis (Yannis Kolesidis)
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Die Modernisierung des Justiz- und Bankenwesens war eine Voraussetzung der internationalen Gläubiger für Verhandlungen über weitere Milliardenhilfen.

Das griechische Parlament hat mit klarer Mehrheit einem zweiten Reformpaket zugestimmt. Die am frühen Donnerstagmorgen verabschiedeten Maßnahmen sehen eine Modernisierung des Justiz- und Bankenwesens vor. Das Paket war eine Voraussetzung der internationalen Gläubiger für Verhandlungen über weitere Milliardenhilfen für das Land.

Laut Finanzminister Euklid Tsakalotos könnte die Regierung bereits am Freitag Gespräche mit den Gläubigern aufnehmen. Eine Einigung müsse bis spätestens 20. August stehen, sagte Tsakalotos im Parlament. Bis dahin muss Griechenland knapp 3,2 Milliarden Euro an die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzahlen.

36 Abweichler im Regierungslager

Die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras war bei der Abstimmung erneut auf die Stimmen der Opposition angewiesen. 230 Abgeordnete im Parlament mit seinen 300 Sitzen stimmten für die Reformmaßnahmen, wie das Parlamentspräsidium mitteilte. 63 Parlamentarier votierten demnach dagegen, es gab 5 Enthaltungen. Zwei Abgeordnete waren abwesend. Im Regierungslager gab es Medienberichten zufolge von 162 Abgeordneten 36 Abweichler - bei einer Abstimmung über Änderungen im Steuer- und Pensionssystem vor einer Woche waren es noch 39 gewesen. 

Der linke Flügel des Syriza-Bündnisses lehnt die Spar- und Reformpläne entschieden ab. Die vom linken Lager kontrollierte Parteijugend forderte abermals einen Sonderparteitag. In Athen halten Experten eine Spaltung Syrizas und vorgezogene Wahlen auf Initiative Tsipras' im Herbst für möglich.

Tsipras Partei am Rande einer Spaltung

Fast die gesamte griechische Presse sieht die linke Regierungspartei Syriza am Donnerstag kurz vor einer Spaltung. "Ganz nah an einer Spaltung", titelt die konservative Zeitung "Kathimerini". Die "zentrifugalen Kräfte", die in der Syriza-Partei wirkten, hätten sich erneut gezeigt. Die Zeitung der politischen Mitte "Ta Nea" meint, Tsipras werde unnachgiebig für eine Einigung mit den Gläubigern kämpfen. Danach wolle er mit den Abweichlern abrechnen. "Der Spalt bleibt", titelt die linke Zeitung "I Efimerída ton Syntaktón". Der Riss innerhalb der Syriza sei nach wie vor groß - trotz eines etwas besseren Ergebnisses als bei der Abstimmung in der vergangenen Woche. Die Regierungsmehrheit sei zum zweiten Mal binnen weniger Tage verloren gegangen.

Vor dem Parlamentsgebäude in Athen war es am Abend erneut zu Protesten gegen die Spar- und Reformauflagen gekommen. Vereinzelt flogen Steine und Brandsätze. 

Banken- und Justizreform

Das zweite Reformpaket sieht im Justizbereich vor, dass Kreditnehmer künftig ihre Wohnungen verlieren können, wenn sie mit Zins- und Tilgungsraten an die Banken in Verzug geraten. Das Bankengesetz wiederum soll zwar Spareinlagen bis 100.000 Euro sichern; dafür sollen sich Sparer mit Guthaben über 100.000 Euro ebenso wie die Aktionäre an der Rekapitalisierung maroder Banken beteiligen.

In den 900 Seiten des zweiten Reformpakets sind nicht die ebenfalls geforderten Änderungen am Pensionssystem sowie Steuererhöhungen für Landwirte enthalten. Diese Punkte sollen Vize-Landwirtschaftsminister Vangelis Apostolou zufolge im August oder September folgen. Vertreter der Regierung in Athen und ihrer Gläubiger hatten übereinstimmend erklärt, dass sie nicht zu den Maßnahmen gehören, die in den beiden Parlamentssitzungen im Juli umgesetzt werden mussten.

Laut dem in Brüssel mit den Geldgebern vereinbarten Spar- und Reformfahrplan muss die griechische Regierung noch weitere Auflagen angehen. Dazu zählen unter anderem die Liberalisierung des stark reglementierten Apotheken-, Bäckereien- und Milchmarktes, die Modernisierung der Regeln für Tarifverhandlungen, Streiks und Massenentlassungen sowie die Modernisierung der Verwaltung.

(APA/dpa)

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