IWF beteiligt sich vorerst nicht an Griechenland-Hilfe

(c) REUTERS (CHRISTIAN HARTMANN)
  • Drucken

Experten des Währungsfonds raten von einem Engagement beim dritten Hilfsprogramm ab, sollten die griechischen Staatsschulden nicht signifikant reduziert werden.

Brüssel/Wien. Die Rettung Griechenlands vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit wird zusehends zu einem Himmelfahrtskommando für die internationalen Geldgeber. 82 bis 86 Milliarden Euro soll das dritte Hilfspaket für das überschuldete Mitglied der Eurozone umfassen – so sieht es jedenfalls die Vereinbarung vor, die die Staats- und Regierungschefs der Eurozone am 13. Juli getroffen haben. Doch nun droht der Internationale Währungsfonds, der gemeinsam mit der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank die griechischen Bücher und die Umsetzung der vereinbarten Reformen prüft, die Troika zu verlassen.

Nach einem Bericht der „Financial Times“ haben die mit der Causa Griechenland betrauten Experten des IWF den Teilhabern des Währungsfonds (188 Mitgliedstaaten) während eines Briefings am Mittwoch empfohlen, beim neuen Hilfsprogramm für Griechenland zum jetzigen Zeitpunkt nicht mitzumachen. Demnach erfülle die Vereinbarung vom 13. Juli zwei essenzielle Kriterien nicht: Griechenland sei erstens institutionell und politisch nicht in der Lage, die geforderten Strukturreformen umzusetzen, und zweitens sei die griechische Schuldenlast (derzeit gut 170 Prozent der Wirtschaftsleistung) zu schwer.

Der IWF werde sich so lange nicht an einem neuen Hilfspaket beteiligen, "bis diese beiden Bedingungen erfüllt sind", sagte ein ranghoher IWF-Vertreter. Griechenland und die anderen Euro-Länder streben ein Kreditpaket in Höhe von bis zu 86 Milliarden Euro an, das in den kommenden Wochen ausgehandelt werden soll. Die Experten des Fonds würden in Athen weiterarbeiten, hieß es, eine Entscheidung über den finanziellen Einsatz müsse aber von den IWF-Mitgliedern zu einem späteren Zeitpunkt gefällt werden – zuvor müsse die griechische Staatsverschuldung substanziell verkleinert werden.

Was macht nun der Bundestag?

Die EU steht nun vor einem Scherbenhaufen. Dabei ist die Tatsache, dass man bis dato von einem finanziellen Engagement des Euro-Rettungsschirms ESM in der Größenordnung von 50 Mrd. Euro ausgegangen ist, noch das geringste Problem – denn jene +/–20 Milliarden, die vom IWF hätten kommen sollen, lassen sich nolens volens anderswo auftreiben. Das Problem ist vielmehr politischer Natur: In Deutschland hat der Bundestag die Bundesregierung dazu ermächtigt, in Verhandlungen über ein Griechenland-Paket einzutreten. Über das Ergebnis dieser Verhandlung muss aber noch einmal abgestimmt werden. Und zwar vor dem 20.August, denn an diesem Tag muss Athen der EZB 3,2 Mrd. Euro überweisen – Geld, das die Griechen ohne Hilfsprogramm nicht haben. In Berlin gilt die Teilnahme des IWF am Hilfsprogramm als Conditio sine qua non, während man von einem Schuldenschnitt bis dato nichts wissen wollte. Ob die Bundestagsabgeordneten auch ohne den Währungsfonds mit an Bord grünes Licht geben, ist fraglich – nicht zuletzt aufgrund der Tatsache, dass mit der von Finanzminister Wolfgang Schäuble lancierten Idee eines Grexit auf Zeit eine (zumindest theoretische) Alternative auf dem Tisch liegt.

Den europäischen Griechenland-Helfern bleibt noch die Hoffnung, dass sich der Rat des Währungsfonds nicht an die Empfehlung seiner Mitarbeiter hält und die Teilnahme am Hilfsprogramm trotz aller Zweifel beschließt. Das Problem dabei sind IWF-Mitglieder aus Asien und Südamerika, die nicht einsehen wollen, dass der Fonds seine Regeln bis zur Unkenntlichkeit verbiegt, um einem global betrachtet wohlhabenden EU-Mitglied zu helfen. Für die USA, die im IWF über eine Sperrminorität verfügen, ist das ein unerfreuliches Dilemma: Stimmen sie mit den Europäern, riskieren sie, dass sich die nicht europäischen Teilhaber des Fonds nach Alternativen umsehen – etwa in China.

Weitere Infos:www.diepresse.com/griechenland

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2015)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.