Vier von fünf Asylwerbern werden nicht zurückgenommen.
Wien. Das EU-Recht sieht vor, dass Asylwerber ihr Verfahren in jenem Land durchführen müssen, über das sie erstmals in die Union eingereist sind. In der Praxis sieht das anders aus. Der Rücktransport sogenannter Dublin-Fälle (benannt nach dem Dubliner Übereinkommen) in das jeweils zuständige EU-Land funktioniert – aus österreichischer Sicht – überhaupt nicht. Das zeigen Daten der Statistikbehörde Eurostat.
6066 Anträge auf Dublin-Übernahme stellte Österreich 2014; in lediglich 1076 Fällen wurden die Flüchtlinge dann aber tatsächlich in ein anderes EU-Land überstellt. Das entspricht einem Anteil von 18 Prozent. 2015 waren es bis Ende Juni laut Innenministerium 3956 Anträge und 728 Überstellungen, also wieder 18 Prozent. Gründe dafür gibt es viele. Etwa die mangelnde Kooperationsbereitschaft anderer EU-Staaten verbunden mit einem massiven administrativen Aufwand. Manchmal entscheiden aber auch europäische Gerichte, dass in gewisse EU-Länder nicht mehr zurückgeschoben werden darf, weil menschenrechtliche Standards nicht eingehalten werden. Griechenland ist so ein Fall. Und wenn es um Familien geht, auch Italien, das Familienmitglieder nicht immer gemeinsam unterbringt. In der Hoffnung, die Zahl der Asylwerber in Österreich zu reduzieren, lässt Innenministerin Johanna Mikl-Leitner derzeit Dublin-Fälle vorrangig behandeln und Verfahren ruhen, für die Österreich zuständig ist. (APA/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.08.2015)