Anders als in Zypern sollen in Griechenland die privaten Gläubiger der zu sanierenden Banken wenig belastet werden. Vor allem die Sparer will man schonen. Die europäischen Steuerzahler müssen einspringen.
Wien. Es gibt ein Zeichen der Besserung: Am Dienstag wurde bekannt, dass Griechenland die im Juni eingeführten Kapitalverkehrskontrollen lockern will. Zwar dürfen die Griechen weiterhin maximal 420 Euro pro Woche an den Bankomaten abheben. Aber zusätzlich soll es den Bürgern wieder möglich sein, Geld ins Ausland zu überweisen. Anfänglich maximal 500 Euro. Griechen, die im Ausland studieren, sind die große Ausnahme: Sie dürfen für Studiengebühren und Lebenshaltungskosten im Ausland sogar 8000 Euro pro Quartal transferieren.
Positive Nachrichten auch von der Deutschen Bundesbank: Die ehemaligen Hüter der D-Mark trauen Griechenland die Rückkehr auf den Wachstumspfad zu – sollten das dritte Hilfspaket rasch umgesetzt werden und Zahlungsverkehr sowie Kreditgeschäft sich normalisieren. Von April bis Juni dieses Jahres – also vor dem Ausbruch der aktuellen Krise – war das griechische Bruttoinlandsprodukt mit 0,8Prozent sogar doppelt so stark gestiegen wie das deutsche, so die Bundesbank.
Unklar ist weiterhin, wie viel Geld die griechischen Banken benötigen werden, um sich zu sanieren. Im Idealfall möchte der griechische Staat seine Beteiligungen an den Banken sogar für viel Geld verkaufen. Für die Sanierung wird es aber viele Milliarden aus dem Rettungspaket brauchen, so die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Denn die Gläubiger der Banken sollen in Griechenland weitaus weniger zur Kasse gebeten werden als beispielsweise in Zypern.
Kein Bail-in
Gute Nachrichten für die kleinen Sparer, die in den vergangenen Monaten mehr als 45 Milliarden Euro von griechischen Banken abgezogen hatten. Die sind ja, weil sie ihr Geld für Zinsen der Bank „borgen“, im Prinzip auch Gläubiger. Um eine weitere Abwanderung von Kapital zu verhindern – ja vielleicht sogar bereits abgezogenes Geld wieder zurückzulocken –, soll das Geld der Sparer vor einem Bail-in geschützt werden.
Übrig bleiben die Halter von griechischen Bankanleihen – und der europäische Steuerzahler. Das Problem: Wenn das Geld zur Sanierung der Banken nicht komplett von den privaten Gläubigern kommt, dann muss es aus dem Rettungstopf kommen – und damit von den europäischen Steuerzahlern, auch jenen aus Österreich.
Die größten griechischen Banken (National Bank of Greece, Piräus Bank, Alpha Bank und Eurobank) erhalten aus dem neuen Paket erst einmal zehn Milliarden Euro. Danach werden die Aufseher der EZB die Bilanzen der Banken überprüfen und einen sogenannten Stresstest durchführen, um den weiteren Geldbedarf zu bestimmen. Bis zum 15.November sollen dann weitere Milliarden fließen – je nach Bedarf. Obergrenze: 15 Milliarden Euro.
„Sie sind einfach falsch“
Am Dienstag sorgte indes ein Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ für Aufregung, dass Griechenland erneut höheren Geldbedarf habe. Konkret wurde ein Betrag von zusätzlichen 6,2 Milliarden Euro genannt. Die EU-Kommission hat diese Medienberichte über einen höheren Finanzbedarf Griechenlands als jene 86 Millliarden Euro im dritten Hilfspaket zurückgewiesen. „Sie sind einfach falsch“, sagte Kommissionssprecherin Annika Breidthardt am Dienstag in Brüssel. „Es könnte sich sogar herausstellen, dass es viel weniger wird, wenn alles gut geht.“ (jil)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.08.2015)