Besuch bei Barroso: Faymann, Feuer und Freizügigkeit

(c) Reuters (Thierry Roge)
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Bundeskanzler Faymann traf Kommissionschef Barroso. Vor allem auf eine bessere Sicherung der Außengrenzen der EU drängte der Kanzler, die illegale Einwanderung und der „Kriminalitätstourismus“ müssten eingedämmt werden.

BRÜSSEL. Der Start war nicht gerade rosig. Kaum hatte Bundeskanzler Werner Faymann das Kommissionsgebäude betreten, ertönte auch schon der Feueralarm. Zum zweiten Mal in zehn Tagen. Anfang der Vorwoche klingelte es aus noch unbestätigtem Grund, möglicherweise wegen Feuers in der Küche. Am Mittwoch wegen heißen Wassers, das während Bauarbeiten ausgetreten war. Ruhig hätte Faymanns Besuch bei EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso beginnen sollen. Doch zuerst einmal hieß es raus aus dem Berlaymont-Gebäude im Herzen des Brüsseler EU-Viertels – es wurde komplett evakuiert, mehr als 1000 Mitarbeiter und Besucher mussten den Bau verlassen. Die EU-Kommission ante portas, so knapp vor den EU-Parlamentswahlen Anfang Juni, deren Ergebnis – auch – über das nächste Kommissarsteam und dessen Chef bestimmt? Und über die künftig 17 österreichischen Abgeordneten im EU-Parlament?

Faymann durfte sein Treffen mit Barroso statt im Restaurant des Berlaymont-Gebäudes außerhalb fortsetzen. „Er war sehr flexibel“, lobte Barroso Faymann anschließend für den spontanen Ortswechsel. Auch die Kommission habe „Improvisation“ bewiesen, freute sich Faymann. Er nützte die Zeit mit dem Präsidenten nicht gerade zufällig dafür, um Themen zu pushen, die in Österreich den EU-Wahlkampf dominieren.

Vor allem auf eine bessere Sicherung der Außengrenzen der EU drängte der Kanzler, die illegale Einwanderung und der „Kriminalitätstourismus“ müssten eingedämmt werden. Starke Töne, die von Barroso nicht so entschieden wiedergegeben wurden. Die Schengen-Grenzen – also das System der offenen Binnengrenzen in den meisten EU-Ländern mit starker Außensicherung – helfe auch Österreich, betonte der Kommissionschef.

Für Faymann darf es noch mehr sein – vor allem eine bessere Bewertung der Zustände, wie er nach seinem Treffen mit dem Kommissionspräsidenten vor Journalisten betonte. Es müsse künftig genauestens geprüft werden, ob der Eindruck stimme, dass beispielsweise aus Rumänien der Kriminalitätstourismus nach Österreich steige. Im gemeinsamen europäischen Kampf für mehr Sicherheit, auf den Faymann bei Barroso drängte, müsse auch Österreich einen größeren Beitrag leisten, so der Kanzler. Das könne personell oder auch finanziell erfolgen, deutete er an.

Immerhin kämpft Faymanns Partei, die SPÖ, bei der EU-Wahl wieder um Platz eins, mit dem Sicherheitsthema möchte sie noch Punkte machen. Denn Umfragen zufolge liegt sie derzeit knapp hinter der ÖVP, der aktuellen Nummer zwei im EU-Parlament. Da wollte Faymann in Brüssel lieber selbst noch einmal Flagge zeigen. Was konnte ihm, dem Sozialdemokraten aus Österreich, der konservative Kommissionspräsident aus Portugal zusagen? Bei der Sicherheit blieb es bei allgemeinen Bekenntnissen, dass die EU-Länder immer stärker zusammenarbeiten müssten.

Viel eher erntete Barroso Unterstützung von Faymann. Dieser signalisierte, dass er sich eine zweite Amtszeit des Portugiesen an der Spitze der EU-Kommission durchaus vorstellen könne. Führende Sozialdemokraten aus anderen Ländern hatten hingegen angedroht, Barroso zu verhindern. Es brauche einen stärker sozial orientierten Kommissionschef. Für Faymann ist das kein Widerspruch: Sicher werde man Barroso nach der EU-Wahl sozialpolitische Fragen stellen. Einen anderen Namen für den Kommissionschef als „Barroso“ habe er aber noch nicht gehört.

Ganz dürfte das wohl nicht stimmen. Denn es sind durchaus andere Kandidaten ins Spiel gebracht worden. Da ist zum einen der Luxemburger Premier Jean-Claude Juncker, zum zweiten der ehemalige dänische Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen. Barroso gilt vor allem vielen EU-Parlamentariern als zu kompromissbereit gegenüber den Regierungen der großen Mitgliedstaaten.

Hoffen auf AUA-Lösung

Hoffnung schöpfte Faymann auch für die geplante Übernahme der Austrian Airlines durch Lufthansa. Diese werde von Brüssel rasch als EU-rechtsgültig bewilligt werden, gab er sich optimistisch. Barroso äußerte sich auch hier zurückhaltend. Mit einer Zusage rechnet Österreich ebenso bei den Übergangsfristen für den Arbeitsmarkt: Bis 2011 werde man Personen aus den neuen EU-Ländern im Osten vom österreichischen Arbeitsmarkt fernhalten dürfen, glaubt Faymann.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.05.2009)

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