Strasser: „Stehe nicht als Berufspolitiker zur Verfügung“

(c) APA (Hans Klaus Techt)
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VP-Spitzenkandidat Ernst Strasser will Einkünfte nicht offenlegen. An der Ostgrenze will er das Bundesheer behalten. Der EU empfiehlt er ein selbstbewussteres Auftreten.

Die Presse:Die ÖVP-Führung steht hinter Ihnen - die ehemaligen Parteichefs aber hinter Othmar Karas. Gibt es Differenzen in der Partei?

Ernst Strasser: Ich freue mich über jede Unterstützung - vor allem von jenen, die nicht mehr im Zentrum der Politik sind.

Sie haben kein Problem damit, dass Karas einen Vorzugsstimmen-Wahlkampf führt?

Strasser: Im Gegenteil. Es ist Teil der Strategie, dass jeder seine spezielle Zielgruppe anspricht. Das macht es uns möglich, das gesamte Spektrum der Wählerschaft für die Volkspartei zu nützen.

Was passiert, wenn die Liste durch die Vorzugsstimmen umgereiht wird? Werden Sie dann nicht Leiter der VP-Delegation im Parlament?

Strasser: Ich freue mich über jede Vorzusstimme für die Volkspartei. Am Montag nach der Wahl wird das Ergebnis angeschaut.

Sie haben gesagt, dass Sie sich im EU-Parlament besonders für Medienfragen interessieren und in den damit befassten Ausschüssen arbeiten möchten. Seit März 2008 beraten Sie die Moser Holding („Bezirksblätter", „Tiroler Tageszeitung") und sind im Aufsichtsrat der „Oberösterreichischen Rundschau". Sehen Sie da keine Unvereinbarkeit?

Strasser: Grundsätzlich gäbe es, was die entsprechenden Regelungen des Parlaments betrifft, hier keine Unvereinbarkeit. Sollte ich aber in einem dieser Ausschüsse sein, würde ich das stilllegen. Ich lege an mich strengere Maßstäbe an, als sie das Parlament vorgibt.

Wir führen dieses Interview in jenem Büro, wo auch die Firmen KONTI Holding GmbH und EXPERT Managementberatung Russia sitzen, an denen Sie beteiligt sind. Werden Sie Ihre sonstigen Einkünfte veröffentlichen, über die Vorgaben des Parlaments hinaus?

Strasser: Natürlich nicht. Ich bin Unternehmer und bezahle meine Steuern. Ich würde nicht zur Verfügung stehen, wenn ich Berufspolitiker werden müsste. Natürlich muss ich mich operativ aus verschiedenen Unternehmungen zurückziehen, damit ich Zeit für mein Mandat habe. Aber ich werde selbstverständlich Shareholder meiner Firmen bleiben.

Es geht nicht darum, dass Sie Ihre Firmenanteile verkaufen, sondern darum, dass Sie gegenüber den Wählern offen darlegen, welche sonstigen Einkünfte Sie haben.

Strasser: Ich werde alle Good-Governance-Regeln einhalten, die das Parlament vorschreibt. Aber ich werde Rücksicht auf meine Kunden nehmen.

Der ÖVP-Wahlkampf wird von der Agentur „Headquarter" betreut. Die Wahlinformation des Innenministeriums auch. Die Werbesujets ähneln einander frappant. Ist das nicht etwas problematisch?

Strasser: Welcher Agentur sich die Partei bedient, ist ihre Angelegenheit. Das Werbekonzept stand fest, bevor ich Kandidat wurde. Ich habe keine Ahnung, welche Aufträge die Agentur sonst hat. Das müssen Sie den Wahlkampfmanager fragen.

Es ist doch kein Geheimnis, dass „Headquarter" auch für das Innenministerium arbeitet.

Strasser: Ich weiß das nicht. Es ist auch nicht mein Job. Es geht mich, ehrlich gesagt, auch nichts an.

Aber es wirft eine schiefe Optik auf Sie und die ÖVP. Zum Beispiel arbeitet bei „Headquarter" Ihr damaliger Kabinettschef Christoph Ulmer. Ein Zufall?

Strasser: Sie sind der erste, der mich auf so etwas anspricht. Ich hab das gar nicht gewusst.

Aus Ihrer Sicht als früherer Innenminister: Wie soll die EU den Strom von Asylwerbern stoppen?

Strasser: Erstens durch offensivere Außenpolitik. Menschen laufen ja nicht aus Spaß von zu Hause davon. Die EU muss sich also dringend um Afrika kümmern. Zweitens brauchen wir einheitliche EU-Regeln dafür, wer unter welchen Umständen kommen darf.

Seit Jahren arbeitet die EU an so einer einheitlichen Asylrichtlinie. Jetzt, im Wahlkampf, wird hinsichtlich dieser Richtlinie aber nur von Asylmissbrauch gesprochen . . .

Strasser: Den gibt es tatsächlich.

In welchem Punkt?

Strasser: Bei der Ausweitung des Familienbegriffs. Würde das Gesetz werden, was Sozialisten und Grüne durchgeboxt haben, hätten wir einen rasanten Anstieg der Asylwerberzahl. Zudem brächte das zusätzliche Spannung auf dem ohnehin schon angespannten Arbeitsmarkt.

Was wäre so schlimm, wenn Asylwerber nach sechs Monaten arbeiten dürfen? Das könnte die Innenminister motivieren, die Verfahren zu beschleunigen.

Strasser: Es ist nicht zu schaffen, ein Verfahren, das durch drei Instanzen geht, in sechs Monaten abzuwickeln. Ich bin dafür, dass der Rechtsstaat den Vorrang vor der Geschwindigkeit bekommt. Österreich hat sich immer für die Rechtsstaatlichkeit entschieden.

Ist die österreichische Regelung sinnvoll, dass Asylwerber nur als Saisonniers arbeiten dürfen - und Asylwerberinnen als Prostituierte?

Strasser: Die Frage der Prostitution halte ich auch für problematisch. Aber der Grundsatz, dass Asylwerber im eingeschränkten Bereich arbeiten können, halte ich für gut. Zurück zur Richtlinie: Wir brauchen sie, aber so, dass sie Missbrauch verhindert, nicht fördert.

„Die Zeiten werden härter, Europa wird wichtiger", plakatiert die ÖVP. Wo braucht die EU mehr Macht?

Strasser: Vor allem im Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Die Gier von vor allem amerikanischen Spekulanten hat Europa sehr geschadet.

Rote und schwarze Gemeinden haben auch eifrig spekuliert, der niederösterreichische ÖVP-Finanzlandesrat tat das gar mit Wohnbaugeldern, viele heimische Banken haben eifrig auf Zypern und sonst wo Briefkastenfirmen gegründet. Sie schüren Ressentiments, wenn Sie nur die „US-Ostküste" kritisieren. Das tun FPÖ und BZÖ auch.

Strasser: Ich lass mir ein Argument nicht nehmen, nur weil es die Blauen auch verwenden. Von wo ist die Finanzkrise ausgegangen?

Vom US-Hypothekenmarkt - wo europäische Banken eifrig mitgespielt haben.

Strasser: Von dort ist sie ausgegangen. Das stelle ich fest. Da brauchen wir ein gegenüber Amerika selbstbewusstes Europa.


Europas Banken sind an ihr also unschuldig?

Strasser: Ich frage noch einmal: Von wo ist die Finanzkrise ausgegangen?

Welchen Sinn hat der Assistenzeinsatz des Bundesheeres?

Strasser: Ich halte es für richtig und notwendig, dass er verlängert wird. Das dient der Prävention und der Unterstützung der Polizei.

Sie sind also der Meinung, dass das Bundesheer ein Mittel zur Verbrechensbekämpfung ist?

Strasser: Nein. Aber es gibt in der Verfassung die Aufgabe der Assistenz in besonderen Fällen. Wenn Sie einmal aus Ihrer Redaktionsstube raus gehen und 70 Kilometer nach Osten fahren, werden Sie sehen, dass das Heer dort gebraucht wird.

Wäre es nicht besser, die 12,5 Mio. Euro, die der Assistenzeinsatz jährlich kostet, in mehr und besser ausgebildete Polizisten zu investieren?

Strasser: Ich habe gar nicht gewusst, dass „Die Presse" das Öffentlichkeitsorgan des grünen Sicherheitssprechers Pilz ist.

Sind wir nicht.

Strasser: O ja, mit dieser Frage schon.

Weshalb?

Strasser: Weil der das gestern verlangt hat.

Herr Pilz sagt auch nicht nur unmögliche Sachen, oder?

Strasser: Dieser Vorschlag ist blanker Unsinn. Denn hier geht es darum, dass das Heer Assistenz auf einem begrenzten Gebiet für eine begrenzte Zeit macht.

Es ist also gescheiter, dass 18-Jährige, die ein halbes Jahr Wehrdienst leisten und nicht ermittlungstechnisch geschult sind, gleichsam Polizeiaufgaben mitmachen?

Strasser: Sie wissen genau, dass die Soldaten keine Polizeiaufgaben machen dürfen.

Eben.

Strasser: Dann verstehe ich Ihre Frage nicht.

Anders gefragt. Wenn Sie die Wahl hätte, Wehrdiener oder geschulte Polizisten an der Ostgrenze einzusetzen: Wie würden Sie entscheiden?

Strasser: In der gegebene Situation ist es richtig und vernünftig, dass die Assistenz des Bundesheeres an dieser Grenze gegeben ist.

ZUR PERSON

Ernst Strasser ist u. a. Berater der Moser Holding („Bezirksblätter“, „Tiroler Tageszeitung“) und im Aufsichtsrat der „Oberösterreichischen Rundschau“. Im „Presse“-Interview versichert er, er würde diese Tätigkeiten stilllegen, wenn er im EU-Parlament für Medienfragen zuständig wäre.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2009)

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