Berlin erteilt Mautplänen der Kommission Absage

EU Transport Commissioner Bulc
EU Transport Commissioner Bulc(c) REUTERS (FRANCOIS LENOIR)
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Europaweite Verkehrsabgabe. Kommissarin Bulc will EU-Mautsysteme vereinheitlichen, Deutschland zürnt.

Wien/Berlin/Brüssel. Noch in diesem Jahr soll es soweit sein: Verkehrskommissarin Violeta Bulc ist entschlossen, ihre Pläne für eine europaweite Maut so bald wie möglich zu präsentieren. Erste Vorschläge sollen „eine Grundlage für ein EU-System für Pkw und Lkw sein“, sagte Bulc diese Woche der Zeitung „Die Welt“. Damit könne die Erhebung von Straßennutzungsgebühren für all jene Mitgliedstaaten einheitlich geregelt werden, die sich für eine Maut entschieden hätten. Verschiedene Systeme seien „ein Mobilitätshindernis im Binnenmarkt“, so die slowenische Kommissarin.

Doch der Vorstoß soll freilich noch einen anderen, drängenderen Zweck erfüllen: die Beilegung des Streits um die geplante Pkw-Abgabe in Deutschland. „Ich lade Berlin ein, uns beim Vorschlag einer EU-weiten Maut zu unterstützen“, insistierte Bulc.

Doch die Zustimmung Berlins rückt in weite Ferne. Die Kommissarin solle ihre Vorstellungen „knicken“, meinte der deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt vor wenigen Tagen wörtlich. Er bleibe bei der Entscheidung, „in Deutschland den Systemwechsel hin zur Infrastrukturabgabe umzusetzen“, so der CSU-Politiker in der Online-Ausgabe der „Welt“.

Unzulässige Diskriminierung

Das Problem: Die Brüsseler Behörde lehnt die deutschen Mautpläne ab, weil sie darin eine unzulässige Diskriminierung von EU-Ausländern sieht. Den Plänen der Berliner Regierung zufolge sollen inländische Autobesitzer über eine Verringerung der Kfz-Steuer in gleicher Höhe entlastet werden.

Dobrindt ist freilich davon überzeugt, dass die Mautgesetze der Bundesregierung EU-konform sind – und auch einer möglichen Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) standhalten würden.

Das Vorhaben der Kommission, eine europäische Maut umzusetzen, sei nur eine Verzögerungsstrategie, so Dobrindt: Bereits vor Monaten habe die Behörde Bedenken gegen die deutschen Pläne formuliert, bis heute aber kein begründetes Mahnschreiben vorgelegt.

Am 18. Juni leitete Brüssel offiziell ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland ein, das am Ende vor dem EuGH landen könnte. Dobrindt hat die ursprünglich für 2016 geplante Maut wegen des Konflikts auf unbestimmte Zeit verschoben.

Österreich steht in dem Streit auf Seiten der Kommission: Das Verkehrsministerium in Wien hatte selbst bereits angedroht, gegen die deutschen Mautpläne zu klagen, weil ja auch heimische Autofahrer betroffen wären.

Stöger nicht gegen EU-Maut

Überlegungen in Richtung einer Harmonisierung europäischer Mautsysteme werde man sich – anders als Deutschland – nicht entgegenstellen, sagte der Sprecher von Verkehrsminister Alois Stöger (SPÖ) jüngst in einem APA-Interview. Das heimische System funktioniere gut, betonte er, Vorschläge aus Brüssel würden genau überprüft. Eine etwaige technische Harmonisierung bei der Einhebung der Straßennützungsgebühren für Lkw sei aber jedenfalls zu begrüßen. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2016)

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