Athen verschärft Kontrollen in letzter Minute

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Das griechische Militär koordiniert den Aufbau von Kontrollstellen und Lagern an der Grenze. Die Regierung versucht der Gefahr zu entkommen, von der EU abgeschottet zu werden.

Athen. Spät, aber doch hat die griechische Regierung den Ernst der Lage erkannt: Rechtzeitig vor dem Beginn des EU-Gipfels, bei dem zumindest am Rand auch über die Flüchtlingsfrage diskutiert werden soll, konnte das scharf kritisierte Mittelmeerland Erfolge beim Bau von fünf Hotspots auf den Inseln Samos, Lesbos, Chios, Kos und Leros sowie zwei Auffanglagern auf dem Festland, in Attika und in Nordgriechenland, vermelden. Noch Anfang des Monats Februar, zwei Monate nach Ablauf der Frist zum Bau der Lager, war erst ein Hotspot, der in Lesbos, in Funktion gewesen. Anfang dieser Woche waren bereits vier fertiggestellt, die Arbeiten an den anderen drei Registrierungsstellen und Lagern ging zügig voran. Probleme gibt es vor allem noch auf Kos und bei Thessaloniki, wo die Errichtung von Teilen der Bevölkerung bekämpft und verzögert wird.

Griechenland war zuletzt von der EU-Kommission für die mangelnde Kontrolle des griechischen Teils der Schengener Außengrenzen gerügt worden. Da nahm man die Zügel endlich straffer in die Hand, das Militär übernahm den Bau der Zentren und die Koordination der beteiligten Behörden. Und plötzlich bekamen die Bagger Flügel – vergleichbar mit dem griechischen Endspurt vor den Olympischen Sommerspielen in Athen im Jahr 2004. Noch mehr Dringlichkeit bekam die Aufgabe durch die Drohung mehrerer EU-Partner, darunter Österreich, die mazedonische Grenze dichtzumachen, die Flüchtlinge also mehr oder weniger in Griechenland einzusperren. Dieses Vorgehen hätte allerdings auch weitreichende geostrategische Folgen in der sensiblen Region, unter anderem die Aufwertung des kleinen Nachbarn Mazedonien, mit dem Athen wegen der Namensgebung nach wie vor gespannte Beziehungen hat.

Aber auch Griechenland hat Beschwerden gegenüber den EU-Partnern. Denn das Umverteilungsprogramm von Flüchtlingen auf andere EU-Länder funktioniert nach wie vor höchst schleppend. In den kommenden zwei Jahren sollen über 50.000 Flüchtlinge aus Griechenland in andere EU-Länder transferiert werden. Mit Stichtag 15. Februar haben Griechenland aber erst 295 Flüchtlinge im Rahmen des Programms verlassen, vor allem Richtung Frankreich, Niederlande und Finnland. Athen hat bisher 912 Ansuchen an EU-Partner geschickt, die haben aber bisher nur 412 Plätze angeboten – eine beschämende Bilanz.

Rechtsradikale Proteste

Die Hotspots sind indessen auch ein innenpolitisches Problem geworden. Vor allem in Kos gab es gewalttätige Ausschreitungen gegen den Bau des lokalen Hotspots, hinter denen nach Ansicht der Regierung „rechtsradikale Elemente“ stecken.

Tatsächlich ist die Goldene Morgenröte aus Anlass der Flüchtlingskrise zu ihrem alten Aktionismus zurückgekehrt. Erst am gestrigen Donnerstag mussten zwei Abgeordnete der neonazistischen Gruppe von den Ordnern aus einem Parlamentsausschuss entfernt werden, weil sie Ausländer unflätig beschimpften und den Verteidigungsminister, Panos Kammenos, einen „Landesverräter“ nannten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2016)

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