Statt der einzelnen Staaten soll künftig eine Agentur darüber entscheiden, wer Asyl bekommt. So lauten die Erwägungen der EU-Kommission. Die Agentur soll in jedem Mitgliedstaat einen Ableger haben.
Die EU-Kommission will laut einem Medienbericht die Entscheidung über Asylverfahren womöglich nicht länger den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen. Brüssel erwäge, "die Verantwortung für die Bearbeitung von Asylansprüchen von der nationalen Ebene auf EU-Ebene zu verlegen", berichtet die deutsche Zeitung "Die Welt".
Das Blatt beruft auf Vorschläge der EU-Kommission zur Reform des europäischen Asylsystems, die am Mittwoch vorgelegt werden sollen. Der Plan sehe vor, das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) in eine Agentur mit Entscheidungsbefugnissen umzuwandeln, die in jedem Mitgliedstaat künftig einen Ableger haben und auch Einsprüche gegen die jeweiligen Bescheide bearbeiten solle. Allerdings würde das eine Änderung des EU-Vertrags notwendig machen – ein Vorhaben mit wenig Erfolgsaussichten.
Dublin-System erwies sich als ungeeignet
"Dies würde einen einzigen und zentralisierten Entscheidungsmechanismus schaffen und würde so die komplette Harmonisierung der Verfahren, aber auch der konsistenten Beurteilung von Schutzbedürfnissen auf EU-Ebene sichern", zitiert die Zeitung aus dem Brüsseler Papier.
Kritik übt die EU-Kommission an dem bestehenden Dublin-System zur Verteilung von Flüchtlingen, das sich in der aktuellen Krise als ungeeignet erwiesen habe. Eine kleine Zahl von Mitgliedsländern müsse dadurch die Hauptlast tragen. "Das ist eine Situation, die die Möglichkeiten eines jeden betroffenen Staates strapaziert."
Nach den Dublin-Vorgaben müssen Flüchtlinge in der Regel in dem Land einen Asylantrag stellen, in dem sie als erstes EU-Boden betreten. Dies führt jedoch dazu, dass Länder an den Außengrenzen Europas übermäßig belastet werden - wie derzeit vor allem Griechenland.
Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments und Delegationsleiterin der österreichischen Grünen, Ulrike Lunacek, hat die Pläne der EU-Kommission für die Reform des Dublin-Systems begrüßt. Die Ideen "lesen sich wie eine Blaupause unserer seit langem vorgetragenen Grünen Forderungen", sagte Lunacek am Dienstag laut Aussendung. Auch der Vizepräsident des EU-Parlaments, Alexander Graf Lambsdorff von der deutschen FDP nannte gemeinsame Asylverfahren längst überfällig.
Verteilung der Flüchtlinge soll sich ändern
Die EU-Kommission schlägt nach Informationen der "Welt" zwei verschiedene Reformoptionen vor. Laut dem ersten Szenario soll das Dublin-System durch einen "korrigierenden Fairness-Mechanismus" ergänzt werden, der ausgelöst werden solle, "sobald eine zuvor definierte Schwelle von Asylwerbern in einem Mitgliedsland erreicht ist".
Als zweite Option schlägt die Kommission dem Bericht zufolge vor, die Asylwerber nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel, der auf "der relativen Größe, dem Reichtum und den Aufnahmekapazitäten der Mitgliedstaaten basiert", auf die einzelnen Länder zu verteilen.
Innenminister beraten in Wien
Die Flüchtlingsfrage steht am Dienstag im Zentrum eines Treffens der Innenminister aus Österreich, Deutschland, der Schweiz, Liechtenstein und Luxemburg in Wien, zu dem die österreichische Ressortchefin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) eingeladen hat. Neben der Zusammenarbeit im Bereich Migration sollen auch europäische Maßnahmen zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus diskutiert werden.
(APA/AFP/Red.)