Chemieverband fliegt aus dem Lobby-Register

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Industrieverband Cefic gab an, 50.000 Euro pro Jahr für Lobbying auszugeben. Es sind aber 37,9 Mio. Euro.

BRÜSSEL/WIEN (go). Erstmals seit der Eröffnung des Lobby-Registers der Europäischen Kommission vor einem Jahr ist eine große Interessenvertretung aus dieser Kartei gestrichen worden. Der Verband der Europäischen Chemieindustrie Cefic wurde für vorerst zwei Monate aus dem sogenannten Register der Interessenvertreter gestrichen, weil er gegenüber der Kommission falsche Angaben darüber gemacht hat, wie viel Geld er pro Jahr für Lobbying ausgibt.

Allerdings hat diese Streichung keine rechtlichen Folgen und zeigt klar die Schwachstellen dieses Registers auf, das eigentlich den Einfluss der Lobby-Industrie auf die EU-Gesetzgebung klar zeigen soll.

1693 Lobbyisten registriert

Nur 50.000 Euro budgetiere Cefic jährlich für das Lobbying, gab die Organisation mit 170 Mitarbeitern in dem Register an, das frei zugänglich im Internet ist. Allerdings hatte Cefic gegenüber der Kommission sein Gesamtbudget mit 37,9 Mio. Euro beziffert. Das sei ein Bruch des Verhaltenskodex, dem sich Lobbyisten freiwillig unterwerfen, um in das EU-Register eingetragen zu werden, schrieb der zuständige Kommissionsbeamte Gérard Legris an die Umweltschutzorganisation Friends of the Earth, die einen entsprechenden Verdacht geäußert hatte. Darum strich die Kommission Cefic von ihrer Liste. Der Pressesprecher von Cefic reagierte am Dienstag weder auf eine E-Mail der „Presse“ noch auf eine Nachricht auf seinem Anrufbeantworter.

Derzeit sind 1693 Firmen und Personen im Register vermerkt. Mehr als die Hälfte davon waren unternehmenseigene Lobbyisten und Verbände wie Gewerkschaften, ein Drittel Nichtregierungsorganisationen und Thinktanks.

Nur sechs Prozent der eingetragenen Organisationen sind PR-Beratungsagenturen, also das, was landläufig meist unter „Lobbyist“ verstanden wird. So fehlt zum Beispiel Pleon, eine von Europas größten PR-Firmen, ebenso wie die US-Agentur Ketchum, mit der Pleon im Juni fusioniert hat und die sich auf ihrer Hompage „unangefochtener Erfahrung und Netzwerke in Brüssel“ rühmt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2009)

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