Brexit trifft Banken, Fluglinien und lässt den ATX abstürzen

(c) APA/AFP/DANIEL LEAL-OLIVAS
  • Drucken

Am Tag zwei nach dem Brexit verlieren die Aktien der Banken an Boden. Auch Pfund und Euro sinken weiter. Großbritannien verliert Topbonität.

Wien/London/Frankfurt. Ob der Brexit eher Großbritannien gefährdet oder den Fortbestand der Europäischen Union, das ist noch offen. Die ersten Verlierer stehen aber schon fest. Am Montag wurden an den Börsen weiter die Banken abgewatscht – und zwar auf beiden Seiten des Ärmelkanals. Gleichzeitig hat das Brexit-Votum Folgen für Großbritannien, das seine Topbonität einbüßt. Die US-Ratingagentur Standard & Poor's hat Großbritannien am Montagabend von der Bestnote gleich um zwei Stufen auf AA abgestuft.

Die Aktien der beiden britischen Großbanken Royal Bank of Scotland und Barclays haben seit Donnerstag 30 bzw. 26 Prozent ihres Werts verloren. Beide Titel wurden am Montag kurz vom Handel ausgesetzt. Der Finanzblog Zerohedge zitiert einen Trader so: „Es ist ein verdammtes Blutbad. Nicht mal Draghi kann uns diesmal retten.“ Aus dem Umkreis des Finanzministeriums hieß es, die britische Regierung lege den Verkauf von Anteilen an den Großbanken Royal Bank of Scotland und Lloyds bis 2017 auf Eis.

Die Gründe? Generelle Unsicherheit über die Zukunft Großbritanniens sowie des Finanzstandorts London. Viele Großbanken haben London bisher als Zentrum für ihre Europa-Aktivitäten genutzt. Aber das allein kann nicht der Grund sein, denn auch die Banken in Kontinentaleuropa hat es am Montag wieder schlimm erwischt. An der Börse in Mailand haben die Banktitel seit der Brexit-Entscheidung 20 bis 25 Prozent ihres Werts verloren. Besonders stark betroffen ist die Bank-Austria-Mutter UniCredit. Sie gilt laut Analysten als eine der schwächsten Banken auf dem italienischen Markt.

Pfund auf tiefstem Stand seit 31 Jahren

Die Brexit-Wellen trafen auch Frankfurt, das als Finanzplatz vom Austritt Londons profitieren sollte. Die Aktie der Deutschen Bank fiel um bis zu 9,7 Prozent auf ein Allzeittief von 12,07 Euro. Damit hat die größte Bank des Landes binnen zwei Jahren mehr als die Hälfte ihres Wertes eingebüßt. Sie war am Montag noch knapp 17 Mrd. Euro wert.

Als relativ stabil erwiesen sich im Zuge des Brexit die britischen Banken HSBC und Standard Chartered, die ihr Geschäftsmodell vor allem auf Asien ausgerichtet haben. Ihre Aktien fielen um weniger als zehn Prozent. Auch die US-Börsen und die dort notierenden Banken wurden am Montag nach unten gezogen. Das Papier der Investmentbank Goldman Sachs ging im Frühhandel um zwei Prozent nach unten – auf ein Dreijahrestief, JP Morgan fiel um 2,6 Prozent. Bank of America und Citigroup sind seit dem Brexit um rund zwölf Prozent gefallen.
Auch das Britische Pfund setze am Montag seine Talfahrt fort. Die britische Währung fiel unter die Marke von 1,32 Dollar – so tief wie seit 31 Jahren nicht mehr. Der Euro verlor gegenüber dem Dollar ebenfalls. Vor dem Brexit stand der Euro bei 1,14 Dollar, am Montag fiel er aber auf unter 1,10 Dollar pro Euro. Der US-Dollar stieg gegenüber den europäischen Währungen entsprechend.

Wiener Leitindex unter 2000 Punkten

Der Ausstieg der Briten aus der EU wirbelt auch die Geschäfte von Fluglinien durcheinander. Die zweitgrößte europäische Billig-Airline Easyjet kassierte am Montag die Prognose für das laufende Quartal. Wegen des Brexit könnten sich weniger Menschen im Sommer für eine Flugreise entscheiden, so die britische Fluggesellschaft. Mit der Aussage schickte der Konzern seine Aktien auf Talfahrt, die um ein Fünftel einbrachen. Easyjet ist mit seiner Warnung nicht allein: Die Titel des europäischen Marktführers Lufthansa verloren mehr als 7,5 Prozent, die Papiere von Air France-KLM sechs Prozent.

Schlimm erwischte es auch den Wiener Leitindex ATX. Dieser rutschte um 4,6 Prozent auf unter 2000 Punkte ab. Die Wienerberger-Aktie gab gar zweistellig nach. Das Unternehmen erzielt laut Baader-Bank neun Prozent seiner Verkäufe in Großbritannien.

Flucht ins Gold

Wohin flüchten die Anleger? In den Dollar und den japanischen Yen, weshalb deren Kurse steigen. Außerdem flüchten die Investoren in solide Staatsanleihen. Und in Gold. Die Krisenwährung hat heuer bereits mehr als 20 Prozent im Preis zugelegt und ist seit dem Brexit noch einmal stark gestiegen. Vor der Abstimmung stand das Edelmetall bei 1260 Dollar, am Montag war es bei 1330 Dollar. Auch in Euro konnte der Goldpreis anziehen: Von unter 1100 Euro pro Unze am Donnerstag auf 1200 Euro am Montag. Und auch Aktien von Goldförderern konnten am Montag erneut an Terrain gewinnen. (ag./jil)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.06.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Symbolbild
International

S&P entzieht Briten wegen Brexit die Top-Bonität

Die US-Ratingagentur Standard & Poor's stuft Großbritannien von "AAA" um zwei Stufen auf "AA" herab.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.