EU weitet Beitrittsgespräche mit der Türkei aus

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Brüssel hat ein neues Verhandlungskapitel eröffnet. Die deutsche CSU übt massive Kritik an dem Schritt: "London drohen und Ankara hofieren - das kann nicht die Zukunft Europas sein."

Ungeachtet der Brexit-Debatte und der Kritik an der Türkei hat die Europäische Union am Donnerstag ein neues Verhandlungskapitel in den EU-Beitrittsgesprächen mit Ankara eröffnet. Dabei geht es um Finanz- und Haushaltsbestimmungen. Der Erweiterungsprozess werde damit voran gebracht, sagte der zuständige EU-Kommissar Johannes Hahn in Brüssel.

Damit sind nun 15 von 35 Kapiteln (Politikfeldern) der Beitrittsgespräche mit der Türkei geöffnet. Ein Kapitel - Wissenschaft und Forschung - wurde vorläufig abgeschlossen.

Die bayerische Partei CSU kritisierte am Donnerstag die Ausweitung der Beitrittsgespräche mit Ankara. "Brüssel hat den Weckruf wohl nicht gehört", sagte Generalsekretär Andreas Scheuer der Deutschen Presse-Agentur.

Der deutsche Politiker forderte stattdessen, dass die EU sich nach dem Brexit-Votum auf ein zukünftiges gutes Verhältnis zu Großbritannien konzentrieren solle: "London drohen und Ankara hofieren - das kann nicht die Zukunft Europas sein", sagte Scheuer. "Die Verhandlungen mit der Türkei gehören sofort beendet und stattdessen ein fairer Partnerschaftsvertrag mit den Briten geschlossen."

Türkei wirft Brüssel "doppelte Standards" vor

Die Türkei hat der EU unterdessen "doppelte Standards" im Kampf gegen den Terrorismus vorgeworfen. Angesichts einer Vielzahl von Anschlägen könne Ankara seine Anti-Terror-Gesetze als Voraussetzung für den Fall des Visa-Zwangs für türkische Bürger derzeit nicht ändern, sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu am Donnerstag in Brüssel. Er kritisierte dabei, dass die EU ihrerseits Unterstützern der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) erlaube, offen für die verbotene Organisation zu werben.

Ankara weigert sich bisher, seine weit gefassten Terrorismusgesetze zu ändern, die auch zum Vorgehen gegen Regierungskritiker eingesetzt werden. Eine Änderung ist jedoch eine Bedingung der EU für die Aufhebung des Visa-Zwangs für türkische Staatsbürger.

Cavusoglu warnte die EU vor "neuen Forderungen, die Terroristen ermutigen würden". Dies betrachte Ankara "nicht als hilfreich" im Kampf gegen den Terrorismus, sagte der Minister, der zur Ausweitung der EU-Beitrittsgespräche nach Brüssel gereist war. Er verwies dabei auch auf die Selbstmordanschläge auf den Istanbuler Flughafen am Dienstagabend.

Auch europäische Regierungen hätten nach Anschlägen "den Ausnahmezustand verhängt und bestimmte Menschenrechte ausgesetzt", sagte Celic offenbar mit Blick auf Frankreich. Er verwies zugleich darauf, dass die türkischen Sicherheitskräfte die Grenzen zu den Nachbarstaaten Syrien und Irak schützten, wo die Jihadistenmiliz "Islamischer Staat" (IS) aktiv ist. Damit schütze die Türkei auch "die Demokratien Europas".

EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn wies diese Argumentation bei einer gemeinsamen Pressekonferenz zurück und pochte auf die Einhaltung von Grundwerten. Es könne auch wegen des Kampfes gegen den Terrorismus "keine Kompromisse" geben, wenn es um Rechtsstaatlichkeit und Grundrechte wie Meinungsfreiheit gehe. Letztlich gebe es für das Problem "nur politische Lösungen und keine militärischen".

(APA/dpa/AFP)

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