Forciert Berlin nach Britenvotum Junckers Rücktritt?

Jean-Claude Juncker.
Jean-Claude Juncker.(c) REUTERS (PHIL NOBLE)
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Britische Medien berichten, Angela Merkel sehe EU-Chef Jean-Claude Juncke als „Teil des Problems“.

Wien/Brüssel/Berlin. Dass Jean-Claude Juncker unter den EU-Staats- und Regierungschefs nicht nur Freunde hat, ist gemeinhin bekannt: In heiklen politischen Fragen lässt der Kommissionspräsident mitunter an Sachlichkeit vermissen, so der einhellige Tenor in mehreren Mitgliedstaaten. Nun, nach dem Votum der Briten für einen EU-Austritt, steigt Medienberichten zufolge der Druck auf den Luxemburger. Wie die britische „Sunday Times“ berichtet hat, wird Juncker in Berlin vorgeworfen, sich über das Brexit-Votum „zu ergötzen“ und dies als Chance für mehr EU-Integration zu sehen.

Die Zeitung zitierte einen namentlich nicht genannten deutschen Minister mit den Worten: „Juncker hat immer wieder gegen das gemeinsame Interesse verstoßen, und seine Reaktion auf das britische Referendum war sehr schädlich. Dies ist nicht die Zeit für institutionelle Streitereien, aber der Druck auf ihn zurückzutreten wird nur noch größer werden.“ Die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, betrachte Juncker mittlerweile als „Teil des Problems“, heißt es in dem Bericht. Unmittelbar nach dem Brexit-Votum hatte bereits der tschechische Außenminister, Lubomír Zaorálek, Juncker indirekt zum Rücktritt aufgerufen. „In diesem Moment ist der Kommissionspräsident nicht der richtige Mann an dieser Stelle“, sagte der Sozialdemokrat.

Streit zwischen Rat und Kommission

Laut der Website EU-Observer hatte Juncker zudem versucht, seinen deutschen Kabinettschef, Martin Selmayr, als Chefverhandler für die Brexit-Gespräche zu installieren. Er sei dabei aber von EU-Ratspräsident, Donald Tusk, überholt worden, der den belgischen Diplomaten Didier Seeuws zum Leiter der Brexit-Taskforce des Rates ernannt hat. In dem Machtkampf geht es darum, wer für die britischen Austrittsverhandlungen zuständig sein soll. (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2016)

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