Brüssel will Terrorfinanzierung unterbinden

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NETHERLANDS-POLITICS-DIPLOMACY-INTERIOR-JUSTICEAPA/AFP/ANP/KOEN VAN WEEL
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Die Behörde fordert strengere Regeln für Prepaidsysteme und den Handel mit virtuellen Währungen.

Wien/Brüssel/Straßburg. Die Anschläge in Paris vom vergangenen November haben den Ausschlag für ein weitreichendes Maßnahmenpaket der EU-Kommission gegeben, das die Finanzierung des internationalen Terrorismus langfristig unterbinden soll: Am gestrigen Dienstag präsentierten Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici sowie Justizkommissarin Vera Jourová im EU-Parlament in Straßburg die neuen Vorschläge der Brüsseler Behörde.

Drei Maßnahmen soll Priorität eingeräumt werden: So will die Kommission das Risiko anonymer Prepaidsysteme, etwa zum bargeldlosen Bezahlen ohne Identifikation, durch deutliche Einschränkungen minimieren. Prepaidkarten sollen mit maximal 150 statt bisher 250 Euro aufgeladen werden können. Auch für Prepaidkarten bei Mobiltelefonen dürften künftig strengere Regeln gelten. Um den Missbrauch virtueller Währungen zur Terrorfinanzierung zu unterbinden, soll nicht länger anonym bleiben, wer etwa Bitcoins in echtes Geld tauscht.

Liste von Risikoländern

Zudem will die Kommission eine Liste von Hochrisikoländern veröffentlichen, die Terroristen die Finanzierung zu einfach machen. Dem Vernehmen nach sind Afghanistan, Bosnien und Herzegowina, Guyana, der Irak, Laos, Syrien, Uganda, Vanuatu, der Jemen sowie der Iran und Nordkorea darunter. Banken sollen dazu verpflichtet werden, bei Transaktionen aus diesen Ländern zusätzliche Kontrollen durchzuführen.

Die Vorschläge sind aber auch Teil einer größeren Initiative der Kommission gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche. So hat die EU-Exekutive gestern parallel zu den Maßnahmen im Kampf gegen die Terrorfinanzierung ein Communiqué veröffentlicht, das insbesondere als Antwort auf den Panama-Papers-Skandal gedacht ist. Zentraler Punkt des Schriftstücks: Die wahren Eigentümer von Tarnfirmen im Ausland sollen in speziellen Registern aufscheinen, die teilweise sogar öffentlich zugänglich sind. „Diese Information öffentlich zu machen, sollte eine Abschreckung für potenzielle Steuerflüchtlinge sein“, meint auch der Vizepräsident der Kommission, Frans Timmermans.

Im April diesen Jahres hatten Medien weltweit die Daten Tausender Kunden einer Anwaltskanzlei in Panama publik gemacht: Die Kanzlei hatte für sie Briefkastenfirmen in der Karibik gegründet, darunter auch in britischen Überseegebieten.

Briten ohne gewichtiges Wort

Der jüngste Vorstoß könnte nun der erste sein, bei dem die auf der Bremse stehenden Briten kein gewichtiges Wort mehr mitreden, nachdem sie in einem Referendum mehrheitlich für einen EU-Austritt gestimmt haben. Wegen des britischen Widerstands gegen die schärferen Regeln hatte die EU-Kommission zunächst den Ausgang der Abstimmung abgewartet. Zwar sitzen die Vertreter aus London nach wie vor am Verhandlungstisch – haben aber deutlich an Einfluss verloren. (red./ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.07.2016)

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