Ungarns dubiose Visa-Politik: Bleiberecht gegen Staatsanleihen

Premier Viktor Orban soll profitieren.
Premier Viktor Orban soll profitieren.(c) APA/AFP/PETER KOHALMI (PETER KOHALMI)
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Ungarns Opposition kritisiert die Regierung: Ausländer erhalten einen EU-Aufenthaltstitel, wenn sie für 300.000 Euro Staatsanleihen kaufen.

Die ungarische Opposition übt heftige Kritik an der Praxis der käuflichen Visa in Ungarn. Budapest bietet Ausländern einen ungarischen und damit EU-Aufenthaltstitel, wenn sie ungarische Staatsanleihen für 300.000 Euro kaufen. Die Opposition kritisiert, die rechtskonservative Regierungspartei Fidesz gefährde damit die nationale Sicherheit. Zudem macht sie führenden Politikern Korruptionsvorwürfe.

Bei Erwerb von ungarischen Staatsanleihen im Wert von 300.000 Euro erhalten die Antragsteller aus Drittstaaten günstige Bedingungen für das EU-Bleiberecht und das Schengen-Visum. "Der Aufenthalt in Ungarn ist nicht erforderlich", wird auf einem eigens - vor allem für Chinesen und Vietnamesen - eingerichteten Internetportal (www.immigration-hungary.com) betont. Die Staatsanleihen sollen nach fünf Jahren durch den ungarischen Staat zum Nominalwert zurückgekauft werden.

Viel Kritik von der Opposition erhalten insbesondere die undurchsichtig erscheinenden Vermittlergebühren für dieses Geschäft. Genannt wird die Summe von 60.000 Euro, die der Antragsteller allein für Beratung und Vermittlung an eine Agentur zu zahlen hat.

Offshore-Firmen profitieren

Das Geschäft mit den Staatsanleihen für Visa-Zwecke wird nämlich nicht direkt zwischen der ungarischen Schuldenagentur (AKK) und den Antragstellern abgewickelt, sondern mittels durch die AKK bestimmter Agenturen, die vorwiegend in Steueroasen wie den Cayman-Inseln aktiv seien, berichtet die deutschsprachige Online-Zeitung "Pester Lloyd". Der Vizechef der Oppositionspartei "Együtt" (Gemeinsam), Levente Papa, sagte im Fernsehsender ATV, von dem Visa-Geschäft profitiere daher nicht in erster Linie der ungarische Staat, sondern Offshore-Firmen im Dunstkreis von Freunden der Regierungspartei.

Laut den oppositionellen Sozialisten (MSZP) haben die der Regierung von Viktor Orban nahe stehenden Vermittlungsagenturen durch das Geschäftskonstrukt seit 2013 mehr als 100 Mrd. Forint (rund 320 Mio. Euro) kassiert. Sie werfen Orban, und vor allem seinem Kabinettschef Antal Rogan, vor, persönlich finanziell von diesen Geschäften profitiert zu haben. Die MSZP fordert eine umgehende Prüfung und Veröffentlichung aller Aufenthaltsrechts-Vergaben.

Opposition hat Sicherheitsbedenken

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Sicherheit der Bürger. Auch Kriminelle könnten so das Schengen-Visum erhalten, wird gewarnt. "Wir wissen rein gar nichts von den rund 3500 Ausländern, die bisher für den Kauf ungarischer Staatsanleihen das Niederlassungsrecht in Ungarn und damit das EU-Aufenthaltsrecht erhalten haben", kritisierte Akos Hadhazy, Vizechef der Grünen (LMP). Együtt-Vizechef Papa warnte, das Vorgehen der Regierung erhöhe das Risiko für die nationale Sicherheit. Fidesz mache einerseits Flüchtlinge für die Terroranschläge in Europa verantwortlich, anderseits verkaufe die Partei "unbekannten Menschen uneingeschränkt Niederlassungsgenehmigungen". Er forderte eine gründliche Durchleuchtung der Antragsteller.

Das Innenministerium in Budapest wies in einer Aussendung Vorwürfe von Versäumnissen und mangelnden Kontrollen dagegen als "unbegründet" zurück.

Laut dem Internetportal "24.hu" kommen 85 Prozent der Käufer von Staatsanleihen im Rahmen des Visa-Programms aus China und sieben Prozent aus Russland. Auch reiche Bürger aus den arabischen Ländern sollen zur Zielgruppe gehören.

(APA)

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