Merkel: "Deutschland wird Deutschland bleiben"

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel.
Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel.(c) AFP (RAINER JENSEN)
  • Drucken

Die deutsche Kanzlerin zeigt sich von der Resonanz auf ihren "Wir schaffen das"-Satz überrascht. Erstmals übt sie Selbstkritik am Umgang mit dem Flüchtlingsproblem in Europa.

Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel ist von der Resonanz auf ihren Ausspruch "Wir schaffen das" vom 31. August 2015 überrascht worden. Wenn sie vor der damaligen Pressekonferenz gefragt worden wäre, ob sie einen bestimmten Satz mitgebracht habe, der "sehr viel zitiert" werden werde, dann hätte sie "diesen einen Satz nicht genannt", sagte Merkel der "Süddeutschen Zeitung" (Mittwoch-Ausgabe).

Sie habe den Satz "Wir schaffen das" aber "aus tiefer Überzeugung" gesagt, erläuterte die Kanzlerin. Der auf die Bewältigung der Flüchtlingskrise bezogene Satz sei für sie "selbstverständlich" weiter ein richtiger Satz. Es müsse immer "ein großes Wir zusammenkommen, wenn große Aufgaben anstehen".

"Haben Problem zu lange den anderen überlassen"

In Deutschland sei die heraufziehende Flüchtlingskrise "zu lange ignoriert" und die "Notwendigkeit einer gesamteuropäischen Lösung verdrängt" worden, sagte Merkel selbstkritisch. "Schon 2004 und 2005 kamen ja viele Flüchtlinge - und wir haben es Spanien und anderen an den Außengrenzen überlassen, damit umzugehen". Damals habe sich Deutschland gegen eine proportionale Verteilung der Flüchtlinge gewehrt.

Wir haben uns des Themas lange nicht angemessen angenommen", ergänzte Merkel, das gelte "auch für den Schutz der Außengrenzen des Schengen-Raums". Künftig müsse Deutschland mit den Nachbarstaaten der Krisenländer viel enger zusammenarbeiten, die EU müsse "sehr viel enger und intensiver mit Afrika kooperieren".

Deutschland sei nach der Aufnahme vieler Flüchtlinge aus dem früheren Jugoslawien froh gewesen, dass vorrangig andere Staaten das Thema zu bewältigen hatten. "Das kann ich nicht leugnen." Heute müsse man einen längeren Atem haben, um in Europa insgesamt zu einer fairen Lösung zu kommen. "Wir haben uns des Themas lange nicht angemessen angenommen."

"Deutschland wird Deutschland bleiben"

Das gelte auch für den Schutz der Außengrenzen des Schengenraums, sagte Merkel. "Auch Deutschland war nicht immer Anhänger von Modellen, die wie etwa durch Frontex die Souveränität der Mitgliedstaaten eingeschränkt hätten. Stattdessen haben wir gesagt, dass wir das schon an unseren Flughäfen regeln, weil Deutschland sonst keine EU-Außengrenzen hat, uns also das Problem schon nicht erreichen wird. So geht es aber nicht."

Merkel bemühte sich, den Bürgern Ängste vor den Folgen des aktuellen Flüchtlingszustroms zu nehmen. "Deutschland wird Deutschland bleiben, mit allem, was uns daran lieb und teuer ist. Aber Deutschland hat sich seit Gründung der Bundesrepublik auch immer wieder verändert. Veränderung ist nichts Schlechtes. Sie ist notwendiger Teil des Lebens." Die Kanzlerin verwies auf die in Deutschland geltenden Werte und Grundsätze, auf die hier herrschende Liberalität und Demokratie, den Rechtsstaat und die soziale Marktwirtschaft. "Das alles darf und wird sich nicht ändern", betonte die Kanzlerin.

>>> Zum Interview in der "Süddeutschen Zeitung"

(APA/AFP/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Leitartikel

Angela Merkel ist geschwächt, aber keiner ihrer Gegner stark genug

Die deutsche Kanzlerin wird sich wohl in einer vierten Amtszeit selbst um ihr historisches Erbe kümmern wollen: die Folgen der Flüchtlingskrise.
Gehen oder bleiben? Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt Deutschland derzeit Rätsel auf.
Außenpolitik

Deutschland: Ist Merkel amtsmüde?

Kanzlerin Angela Merkel lässt offen, ob sie bei der Bundestagswahl 2017 noch einmal kandidiert. Mit ihrer Flüchtlingspolitik hat sich die Kanzlerin eine Reihe von Problemen eingehandelt.
Außenpolitik

300.000 Flüchtlinge und eine isolierte Kanzlerin

SPD-Chef Gabriel kritisiert Merkel ungewöhnlich scharf. Die Regierungschefin verteidigt sich.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.