Bahn frei für kroatische EU-Mitgliedschaft 2011

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Slowenien beendet Blockade der Verhandlungen durch einen Kompromiss im Grenzstreit mit Kroatien. Für die neue Harmonie ernteten die beiden Länder am Freitag viel Beifall in Brüssel.

BELGRAD/LJUBLJANA/WIEN. Der Weg in Europas Wohlstandsbündnis scheint für den EU-Anwärter Kroatien endlich wieder frei. Nach mehr als neun Monaten kündigte Sloweniens Premier Borut Pahor am Freitag in Ljubljana an, das Veto gegen die Fortsetzung der kroatischen EU-Beitrittsverhandlungen aufzuheben. Die Entscheidung muss noch vom außenpolitischen Ausschuss des Parlaments abgesegnet werden, dessen Zustimmung gilt aber als wahrscheinlich. Zuvor hatte der Regierungschef sich mit seiner kroatischen Amtskollegin Jadranka Kosor auf einen vorläufigen Kompromiss in dem seit Jahren schwelenden Konflikt um die Seegrenze (siehe Grafik) geeinigt. Die beiden Nachbarstaaten wollen nun in direkten Verhandlungen klären, wie der schon seit ihrer Unabhängigkeit 1991 bestehende Grenzstreit vor einem internationalen Schiedsgericht gelöst werden kann.

„Keinerlei Präjudizwirkung“

Pahor erklärte, Kroatien habe sich verpflichtet, die offene Grenzfrage noch vor dem EU-Beitritt des Landes zu lösen. Unmittelbar vor der gemeinsamen Pressekonferenz am Freitag hatte Kosor den schwedischen EU-Ratsvorsitz per Fax wissen lassen, dass die von Zagreb bei der EU eingereichten Beitrittsdokumente „keinerlei Präjudizwirkung“ hätten – und damit der noch ausstehenden Einigung über den Grenzverlauf nicht vorgreifen. Am Vorabend des kurzfristig angesetzten Treffens mit ihrem Amtskollegen hatte sich Kroatiens Regierungschefin der Rückendeckung aller heimischen Parlamentsfraktionen versichert.

Die von EU-Anwärter Kroatien in Brüssel eingereichten Beitrittsdokumente hatte EU-Mitglied Slowenien im vergangenen Dezember zum Anlass genommen, die kroatischen Beitrittsanstrengungen per Veto zu blockieren: Neun von insgesamt 35 Verhandlungskapiteln sollten in diesem Jahr noch eröffnet, fünf abgeschlossen werden.

Monatelang hatte Brüssel in dem fest gefahrenen Streit vergeblich zu vermitteln versucht. Doch weniger der Abgang von Kroatiens langjährigem Premier Ivo Sanader, der im Juli entnervt das Handtuch warf, als der zunehmende Druck der EU-Partner dürfte Ljubljana zuletzt zum Einlenken bewegt haben. So hatte Schwedens Außenminister Carl Bildt – sein Land führt in diesem Halbjahr den EU-Vorsitz – bereits im Juli gemahnt, dass die slowenische Regierung „ihr Bestes“ tun solle, um den Konflikt zu lösen, wenn sie sich in der EU nicht isolieren wolle. Noch deutlicher wurde vergangene Woche der EU-Ratsvorsitzende und schwedische Premier Fredrik Reinfeldt: Es sei „nicht gut“, dass Slowenien die EU-Erweiterung zur „Geisel“ des Grenzkonflikts mache.

Während Sloweniens konservativer Oppositionschef und früherer Premier Janez Jan?a entschiedenen Widerstand gegen die Aufhebung der EU-Blockade ankündigte, demonstrierten Pahor und Kosor mit einem Spaziergang durch die Altstadt von Ljubljana ihren neu besiegelten Nachbarschaftspakt. Der Kaffee sei gut gewesen – und ihr Gastgeber habe bezahlt, berichtete danach Kroatiens Premierministerin.

Erleichterung in Brüssel und Wien

Für die neue Harmonie ernteten die beiden Länder am Freitag viel Beifall in Brüssel, aber auch Wien. Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) meinte, mit der Deblockierung durch Slowenien sei „der Knoten aufgegangen“. Jetzt könnte alles „sehr rasch gehen“. Gelingt es, die EU-Beitrittsverhandlungen bis Mitte 2010 abzuschließen und den Vertrag in Kroatien und den EU-Staaten schnell zu ratifizieren, könnte Kroatien 2011 beitreten. Das ist für den Minister der „frühestmögliche Zeitpunkt“ (siehe Interview).

Eher mit dem ersten Halbjahr 2012 rechnet der Vizepräsident der Sozialdemokraten im EU-Parlament und Erweiterungsexperte Hannes Swoboda. Den Kompromiss zwischen Kroatien und Slowenien sieht er positiv. Das Ende der Blockade der Beitrittsverhandlungen durch Slowenien sei ein „längst überfälliger Schritt“.

Auch vom EU-Vorsitz gab es am Ende Lob: „Die Präsidentschaft begrüßt das Abkommen zwischen Kroatien und Slowenien sehr“, meinte Schwedens Premier Reinfeldt. Ein „schwieriger Stillstand“ sei überwunden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2009)

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