Hahn will die Beziehungen der EU zu Ägypten verbessern

(c) APA/AFP/ADEM ALTAN
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Ja zu Finanzhilfe für Kairo, aber kein Flüchtlingsabkommen à la EU/Türkei-Deal. Brüssel sieht Merkel-Strategie als kontraproduktiv an.

Kairo/Brüssel. EU-Erweiterungs- und Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn absolvierte gestern, Mittwoch, einen politisch sensiblen Besuch in Kairo. Denn immerhin traf Hahn mit den höchsten Vertretern – Präsident Abdel Fatah al-Sisi, dem Außenminister und dem Entwicklungsminister – eines Landes zusammen, dem immer wieder sein problematischer Umgang mit der Opposition und mit Menschenrechten vorgeworfen wird. Doch Ägypten ist auch Mittelmeeranrainer und Ausgangspunkt für illegale Flüchtlinge, die von hier aus auf neuen Routen nach Europa drängen. Erst vor wenigen Tagen ist es dabei zu einem schweren Bootsunglück gekommen, das mehr als 160 Flüchtlinge das Leben kostete.

Hahn kam nicht mit leeren Händen: Die Vertiefung der Beziehungen zwischen EU und Ägypten lässt sich Brüssel einiges kosten. In Kairo wurde gestern ein Finanzpaket im Umfang von 129 Mio. Euro unterzeichnet. Damit sollen Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaft, der Verringerung der Arbeitslosigkeit, aber auch der Forcierung von Bürgerrechten unterstützt werden. Ziel: Die ökonomische Lage Ägyptens soll verbessert werden, damit vor allem die jungen Menschen im Land bleiben und nicht nach Europa strömen.

Eines aber wollte Hahn definitiv nicht: mit den ägyptischen Gesprächspartnern über ein Abkommen nach dem Vorbild des Flüchtlingspakts zwischen der EU und der Türkei reden. Solches hatte nicht nur EU-Parlamentspräsident Martin Schulz vor einigen Tagen vorgeschlagen; auch die deutsche Kanzlerin, Angela Merkel, strebt nach dem Vorbild des Ankara–Deals eine Zusammenarbeit mit den Transitländern im Norden Afrikas an.

Brüsseler Politiker, und da vor allem Johannes Hahn, sehen diese Strategie aber kritisch. Dies sei kontraproduktiv, weil dann die betroffenen Länder versuchen könnten, Flüchtlingspolitik nur mehr im Gegenzug zu finanziellem Entgegenkommen zu betreiben und verstärkt die Hand aufhalten. Einem „Spiegel“-Bericht zufolge habe Hahn deshalb am Samstag, kurz vor dem Abflug Merkels nach Afrika, beim deutschen Kanzleramtschef Peter Altmaier interveniert.

Das im März geschlossene EU/Türkei-Abkommen sieht vor, dass die Türkei im Gegenzug für EU-Hilfen zur Versorgung der drei Millionen Flüchtlinge im Land alle Migranten zurücknimmt, die von der türkischen Küste auf die griechischen Ägäis-Inseln übersetzen. Zudem sollen die Schlepperbanden bekämpft werden. (gb.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2016)

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