Athen hofft auf Schuldenabbau

Die griechische Regierung will, dass die Geldgeber rasch entscheiden. Frankreich und IWF sind dafür, Deutschland dagegen.

Brüssel. Nach der Kontrolle ist vor der Kontrolle. Vergangenen Freitag reisten Vertreter von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB) aus Athen ab, nachdem sie geprüft hatten, inwieweit die Griechen bei der Umsetzung ihrer Reformvorgaben auf Kurs liegen. Der nächste Besuch der Troika der internationalen Geldgeber Griechenlands ist für Mitte November vorgesehen. Die Visiten sind Teil des Mitte 2015 vereinbarten, 86 Milliarden Euro schweren Deals – das ist der Umfang des dritten Hilfspakets für das bis über beide Ohren verschuldete Mitglied der Eurozone. Die Hilfsprogramme eins und zwei summierten sich auf knapp 200 Mrd. Euro.

Die Griechen sind auf den guten Willen ihrer europäischen Partner angewiesen, da sie nicht in der Lage sind, sich auf den Finanzmärkten zu halbwegs erträglichen Konditionen zu verschulden. Grund dafür ist erstens die Tatsache, dass die griechische Wirtschaft seit Jahren nicht richtig in Fahrt kommen will, zweitens die augenscheinlichen Probleme beim Umbau ebendieser Wirtschaft, drittens das Ausmaß der Schuldenlast. Heuer soll die Staatsverschuldung nach Berechnungen der EU-Kommission auf 182,8 Prozent der Wirtschaftsleistung klettern und 2017 auf 178,8 Prozent des BIPs leicht zurückgehen.

So gut wie alle Experten gehen davon aus, dass Athen niemals in der Lage sein wird, diesen Schuldenberg aus eigener Kraft abzubauen. Vor allem beim IWF mehren sich seit gut einem Jahr die Zweifel. Intern haben sich die Experten des Währungsfonds gegen eine Teilnahme ausgesprochen, falls Griechenland nicht teilentschuldet wird. Finanziell wäre der Wegfall des Fonds für die Europäer verkraftbar, politisch hingegen kaum – denn Deutschland hat seine Zustimmung zum dritten Hilfspaket von der Teilnahme des IWF abhängig gemacht. Und Berlin will über einen Schuldenschnitt für Athen erst nach dem Auslaufen des Programms Mitte 2018 reden.

Mit seiner unnachgiebigen Haltung gerät Berlin in die Defensive. Inzwischen spricht sich auch Paris dafür aus, die Schuldenfrage zu beantworten. Premier Tsipras fordert, dass die europäischen Geldgeber bis Jahresende festlegen, wie sie den Schuldenstand seines Landes zu reduzieren gedenken. (ag./la)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2016)

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